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Die Fraktionsvorsitzende der Linken, Sahra Wagenknecht, im Bundestag. (Archiv)

© dpa/Michael Kappeler

Anfrage zum Fall Skripal: Die Linke als Russlands Stimme im Bundestag

Linken-Abgeordnete richten im Fall Skripal eine Anfrage an die Bundesregierung. Doch ihre Fragen übernahmen sie von der russischen Regierung.

Lobbyisten im politischen Berlin versuchen seit Jahren, ihren Positionen in Regierung und Parlament Gehör zu verschaffen. Dass jedoch eine kleine Anfrage im Bundestag, also eine Liste mit Fragen einer Oppositionsfraktion an die Regierung, ganz auf Vorgaben von außen beruht, ist mehr als ungewöhnlich. Außerdem kommt die Expertise in diesem Fall nicht von einem Lobbyisten, sondern einem ausländischen Staat: Die Linken-Fraktion übernahm die Fragen, die sie jetzt zum Fall des mit einem chemischen Kampfstoff vergifteten russischen Ex-Spions Sergej Skripal an die Bundesregierung richtete, von der russischen Regierung.

Moskau hatte die Fragen zuvor an die Regierungen Großbritanniens, Frankreichs und an die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) geschickt. Auf diese drei Listen nimmt die Anfrage der Linken direkt Bezug. Die Vize-Fraktionschefin Sevim Dagdelen und andere Abgeordnete verlangen darin „mit dem Ziel, Transparenz und Aufklärung im Interesse der Öffentlichkeit zu schaffen, Antworten auf die berechtigten Fragen, die auch Russland gestellt hat“.

In dem Text nimmt die Rolle Frankreichs bei den Ermittlungen im Fall Skripal überraschend viel Raum ein. So wollen die Linken-Politiker wissen, welche Beweise Großbritannien Frankreich zur Verfügung gestellt habe, ob französische Fachleute „bei der Entnahme von Biomaterial von Sergej Skripal und Julia Skripal involviert waren“ und in welchen französischen Labors das Material gegebenenfalls untersucht worden sei. Diese Punkte stehen in dem Fragenkatalog, den die russische Botschaft in Paris am 31. März an die französische Regierung schickte. Eine ähnliche Liste ging am selben Tag in London ein. Alle 26 Fragen der Linken stammen aus russischer Quelle.

Linke wollen wissen, ob Frankreich Nowitschok entwickelte

Die Abgeordneten ergänzten jeweils nur die Frage, ob die Bundesregierung Kenntnisse über den betreffenden Sachverhalt hatte. Moskau wollte von der Regierung in Paris wissen, ob „in Frankreich Muster des militärischen Giftstoffes dieses Typs (Nowitschok, Anm.d.Red.) oder dessen Analogien entwickelt“ wurden „und wenn ja, mit welchen Zielen“.

Die Linken-Abgeordneten schreiben nun in ihrer Anfrage: „Inwieweit lagen der Bundesregierung zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung über die Ausweisung russischer Diplomaten aus Deutschland Erkenntnisse (auch nachrichtendienstliche) vor, ob Kampfstoffe vom Typ „Nowitschok“ oder deren Analoga in Frankreich entwickelt wurden bzw. werden oder hat sie zu einem späteren Zeitpunkt hierüber Kenntnis erlangt? Und wenn ja, zu welchem Zweck wurden diese entwickelt?“

Moskau verbreitete zahlreiche Versionen im Fall Skripal

Das britische Außenministerium listete kürzlich mehr als 20 Versionen zum Fall Skripal auf, die von russischen Politikern oder staatlichen Medien verbreitet worden waren. Mal hieß es, die Skripals hätten sich versehentlich in einer britischen Militäreinrichtung vergiftet, andere Theorien machten Briten, Amerikaner oder Ukrainer für den Anschlag verantwortlich. Die Verbreitung einander widersprechender Versionen gilt als klassische Strategie der Desinformation und dient dazu, Zweifel zu säen und die Wahrheit nur als eine mögliche Variante von vielen erscheinen zu lassen.

Eine Antwort der Bundesregierung auf die Fragen der Linken beziehungsweise der russischen Regierung steht noch aus.

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