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Politik: Angebot mit Signaleffekt

Die Bundesregierung trifft mit ihrer Zusage, auch nach 2014 noch Soldaten in Afghanistan zu belassen, auf breite Zustimmung.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Es kommt nicht häufig vor, dass die Ankündigung eines Militäreinsatzes auf beinahe ungeteilten Beifall trifft. Das Truppenangebot der Bundesregierung für die Zeit nach 2014 in Afghanistan jedenfalls findet prinzipiell sogar die Zustimmung der Opposition. Das hat mit seinem Charakter zu tun: Das Angebot von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) soll in erster Linie einen Signaleffekt haben. Deutschland konkretisiert als erster Nato-Partner seine Zusage, auch nach dem offiziellen Ende des Isaf-Kampfeinsatzes am Hindukusch präsent zu sein.

Theoretisch liegt diese Zusage schon lange vor. Bisher hatte die Bundesregierung allerdings die Parole ausgegeben, es sei wenig sinnvoll, sich konkret Gedanken zu machen, so lange die USA ihre Post-2014-Pläne nicht fertig hätten. Die neue Parole heißt, es habe andererseits auch keinen Sinn, immer länger auf die Amerikaner zu warten. Überdies müsse die Truppe, die zunehmend in die Planung und Bewältigung des Rückzugs eingespannt sei, nun beizeiten wissen, wie der vorläufige Endpunkt dieses für Deutschland beispiellosen logistischen Großprojekts aussehen solle.

Ob das deutsche Vorpreschen nebenbei auch etwas mit dem nahenden Wahlkampf zu tun haben könnte, wie der Grünen-Wehrexperte Omid Nouripour argwöhnt, ist unklar. Tatsache ist, dass SPD wie Grüne von der Regierung schon lange fordern, sie möge doch mal konkret sagen, wie es weitergehen solle. Nouripour gibt allerdings zu bedenken, der jetzige Plan kranke daran, dass es bisher keinerlei Konzept für die künftige zivile Hilfe gebe – die militärische Unterstützung könne sich nur als Ableitung aus der zivilen ergeben. Was die scheidende Regierung ausgearbeitet habe, „reicht einfach nicht aus“, sagt Nouripour.

Das Regierungskonzept sieht vor, dass in den Jahren 2015 und 2016 noch 600 bis 800 Bundeswehr-Soldaten in den zwei Standorten Masar-i-Scharif und Kabul bleiben sollen. Ihr Hauptauftrag wird Ausbildung und Beratung der afghanischen Armee sein, wobei für den Schutz der eigenen Leute auch weiter eine bewaffnete Kampftruppe eingeplant ist. Dazu kommen Spezialisten, die gebraucht werden, damit Deutschland vorerst weiter Führungsnation des Nato-Einsatzes im Norddistrikt bleiben kann. Ab 2017 soll diese Rolle entfallen, die Truppenstärke am letzten Standort Kabul soll dann auf 200 bis 300 Mann sinken.

Bei der Nato trifft das Konzept auf Zustimmung. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen lobt es als „Beispiel“ und „Ermutigung“ für andere Staaten, sich jetzt ebenfalls zu einem künftigen Beitrag zu bekennen. Die Nato will die Isaf-Nachfolgemission mit 8000 bis 12 000 Mann ausstatten, von denen wohl weiterhin der Großteil Amerikaner sein müssten. Die USA legen sich aber bisher nicht fest. Auch andere große Truppensteller wie Großbritannien bleiben mit ihren Plänen in Deckung. Formell ist eine Truppensteller-Konferenz für November geplant. Den deutschen Anteil wird verbindlich dann erst der neue Bundestag festlegen.

Begrüßt wird das deutsche Angebot auch von der afghanischen Regierung. „Wir brauchen weiterhin Ihre Unterstützung“, sagt ein Sprecher des Innenministeriums am Freitag. De Maizière hatte tags zuvor noch einmal betont, dass eine Einladung aus Kabul die Vorbedingung für die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes über 2014 hinaus sei: „Wir wollen willkommen sein.“ Angesichts des zeitweise sehr angespannten Verhältnisses zwischen der Nato und ihrem einstigen Günstling, Präsident Hamid Karsai, ist diese Einladung keine Selbstverständlichkeit. Weitere Vorbedingung wäre aus deutscher Sicht ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats für den neuen Einsatz.

Wenig begeistert von den deutschen Plänen ist die Linke – da werde Schadensbegrenzung betrieben, um zu verschleiern, wie verkorkst das Afghanistan-Abenteuer gewesen sei, sagt deren Wehr-Obmann Paul Schäfer. Und natürlich finden die Taliban die Sache schlecht: Von einem „Einmarsch“ redet einer ihrer Pressesprecher.

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