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Angela Merkel legt in Moskau gemeinsam mit Wladimir Putin zwei Kränze am Grab des Unbekannten Soldaten nieder.

© AFP

Update

Angela Merkel in Moskau: Blumen und deutliche Worte

Angela Merkel gedenkt in Moskau gemeinsam mit Wladimir Putin der Toten des Zweiten Weltkriegs. Die Kanzlerin spart aber auch nicht mit Kritik – der Ukraine-Konflikt überschattet die Feierlichkeiten.

Kaum war Angela Merkel in Moskau gelandet, schon gab es Blumen für die deutsche Regierungschefin. Die kam mit leichter Verspätung, weshalb die Kolonne nach der freundlichen Begrüßung zügig Richtung Kreml abfuhr. Denn dort harrte bereits Gastgeber Wladimir Putin, um gemeinsam mit der Kanzlerin am Grabmal des Unbekannten Soldaten Blumen niederzulegen.

Die Bilder vom gemeinsamen Weg zum Kreml, wo beide sich mit Schülern ablichten ließen, wirken wie Fotos einer intakten Großfamilie. Die Realität ist eine andere. Merkel kam nicht zu den eigentlichen Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges, ebenso wenig erschienen die meisten anderen westlichen Regierungschefs. Neben dem „derzeitigen Aggressor“ zu stehen, sei doppelbödig, hatte Europaratspräsident Donald Tusk mit Blick auf die Ukraine schon im Vorfeld erklärt.

Vor allem um die Ukraine ging es denn auch beim Gespräch zwischen Putin und Merkel nach der Kranzniederlegung. Nach kurzem Dank für Merkels Worte der Reue kam der Kremlchef schnell zum Hier und Heute. Es gäbe „derzeit bestimmte Probleme“ in den deutsch-russischen Beziehungen und in den Beziehungen zu Europa im Allgemeinen. Je schneller ihre negativen Auswirkungen beseitigt würden, desto besser sei es. Russland werde sich darum bemühen.

Merkel ist für Moskau sehr wichtig

Die Kanzlerin ist derzeit Moskaus wichtigste Gesprächspartnerin im Westen. Das russische Staatsfernsehen hatte sogar versucht, den Merkel-Besuch zu einer Geste gegen den Rest Europas umzudeuten. Andere Beobachter sahen in der Reise eine Art Befreiungsschlag angesichts wachsenden Drucks wegen der NSA-Affäre und durch die deutsche Wirtschaft. Immerhin sank das Volumen des gegenseitigen Handelsaustausches durch Sanktionen und Gegensanktionen allein im ersten Quartal um über 35 Prozent. Vor dem Hintergrund einer zunehmend engen Kooperation zwischen Moskau und Peking sollte Europa vorsichtig sein, um den russischen Markt nicht zu verlieren, warnen auch Analysten.

Doch Merkel machte Hoffnungen auf einen deutschen Sonderweg in der Ukraine-Krise schon beim Auftakt der Gespräche im Kreml mit einem einzigen Satz zunichte. „Durch die verbrecherische und völkerrechtswidrige Annexion der Krim hat die Zusammenarbeit einen schweren Rückschlag erlitten“, sagte die Kanzlerin. Ohne deren Erhalt aber ist eine auch von Europa akzeptierte politische Lösung des Konflikts undenkbar. Wie eine solche Lösung aussehen könnte, wird vom in Minsk ausgehandelten Kompromiss geregelt. Dieser sieht Waffenruhe und den Abzug der schweren Technik von der Front vor. Beide Konfliktparteien werfen sich gegenseitig vor, die Abmachungen nicht einzuhalten. So ist es denn auch kaum verwunderlich, dass Merkel und Putin sich kaum annähern konnten.

Der Sieg der Sowjets brachte nicht allen Freiheit

Merkel wirkte müde und enttäuscht auf der anschließenden Pressekonferenz. Die Sowjetunion und die Rote Armee hätten die Hauptlast bei der Zerschlagung des Faschismus getragen. Der Sieg habe jedoch nicht allen Freiheit gebracht. Erst 40 Jahre später sei die Teilung Europas überwunden worden. Das Erreichte hätte durch die aktuelle Krise um die Ukraine einen „schweren Schlag“ erlitten. Der Zweite Weltkrieg lehre aber auch, dass nur eine politische Lösung möglich ist. Man werde zusammen mit der OSZE daran arbeiten. Bei der Realisierung des Minsker Abkommens, sagte Merkel weiter, müssten Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine erhalten werden. Es gäbe leider keine Erfolgsgarantie für Minsk II – aber etwas Besseres habe man derzeit nicht. Trotz aller Probleme habe man auch über die „Annäherung der Wirtschaftsräume“ der EU und Russland gesprochen. Die Idee dazu hatte einst Putin selbst ins Spiel gebracht.
Putin indes zitierte ausführlich aus einer Mitteilung, die seine Presseleute vorab an die in Moskau akkreditierten Auslandskorrespondenten verschickten und hatte wenig Neues zu bieten, verteidigte aber dafür den Hitler-Stalin-Pakt, der wegen der Quasi-Teilung Polens das Verhältnis Osteuropas zu Russland bis heute belastet. Moskau habe ihn nur geschlossen, weil der Westen sowjetische Versuche zur Schaffung einer antifaschistischen Koalition abgelehnt hatte. Diese Worte werden vor allem in Polen als Zeichen russischer Aggressivität gewertet werden.

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