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Angela Merkel: "Schwerste Bewährungsprobe seit den 20er Jahren"

Die Weltwirtschaft steht nach Einschätzung von Bundeskanzlerin Angela Merkel vor ihrer schwersten Bewährungsprobe seit Jahrzehnten. Doch sie zeigte sich überzeugt, dass Deutschland keine dauerhaften Konjunkturprobleme bekommen werde.

Die Weltwirtschaft erlebe derzeit ihre schwerste Bewährungsprobe seit den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, sagte die Kanzlerin am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Bundestag. In der vergangenen Woche seien die Geldmärkte faktisch funktionsunfähig gewesen, und der Kurssturz an den Aktienmärkten hätte eine "verhängnisvolle Spirale in Gang setzen können. Merkel zeigte sich aber überzeugt, dass es in Deutschland zu keinem dauerhaften konjunkturellen Einbruch kommen werde. Die deutschen Unternehmen seien inzwischen krisenfest aufgestellt, sagte sie.

Auch sei das dringend notwendige Vertrauen zwischen den Finanzmarktteilnehmern noch weiter erodiert, fügte Merkel hinzu. Kaum ein Institut sei noch bereit gewesen, einem anderen Geld zu leihen. Das gegenseitige Misstrauen habe die Akteure "fast vollständig gelähmt - mit unabsehbaren Folgen für Wachstum und Arbeitsplätze".

In dieser Situation habe die internationale Gemeinschaft handeln müssen und habe gehandelt. Mehrere Regierungen hätten am Montag abgestimmte Maßnahmen eingeleitet. Auch Deutschland habe innerhalb kürzester Zeit ein Maßnahmenpaket in bislang unbekannter Größenordnung auf den Weg gebraucht. Der Staat sei die einzige Instanz, um das Vertrauen zwischen den Banken wiederherzustellen. Er handele dabei zum Schutz der Bürger und nicht zum Schutz von Bankinteressen. "Wir kommen damit unserer Pflicht nach, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden", betonte die Regierungschefin.

Kanzlerin: Selbstkritik bei Kreditwirtschaft nötig

Merkel verwies darauf, dass nach dem Rettungspaket als "zweiter Baustein" internationale Regeln für die Finanzmärkte folgen müssten, um "derart entfesselte Entwicklungen" in Zukunft zu vermeiden. Sie forderte eine stärkere Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) und mehr Transparenz bei den gehandelten Produkten. Darüber wollten die führenden Industrienationen noch in diesem Jahr auf einem G-8-Treffen auch mit Vertretern der Schwellenländer beraten. Von der Kreditwirtschaft forderte Merkel eine konstruktive und selbstkritische Haltung. Die Gefahr sei noch nicht gebannt. Die Kanzlerin forderte zum Schluss ihrer Erklärung die Finanzwirtschaft auf, sich an den Rettungsmaßnahmen zu beteiligen und dabei auch Selbstkritik zu zeigen.

Merkel kündigte an, dass die Bundesregierung eine Expertengruppe einsetzen wolle, um Vorschläge für die neuen Regeln auf den Finanzmärkten zu erarbeiten. Vorsitzender solle der frühere Bundesbank-Präsident Hans Tietmeyer werden. Er habe erhebliche Erfahrung in diesem Bereich. Im Bundestag gab es wegen Tietmeyer einige empörte Zwischenrufe. Der Anlass dafür ist, dass Tietmeyer dem Aufsichtsrat des Dax-Konzerns Hypo Real Estate angehört, der mit einem Rettungspaket von 50 Milliarden Euro von Bund und Banken gerettet werden musste.

Die SPD-Bundestagsfraktion will die Berufung von Tietmeyer nicht mittragen. Ihr haushaltspolitischer Sprecher Carsten Schneider sagte im Bundestag zum Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel: "Meine Fraktion trägt diese Personalie nicht mit. Da wird der Bock zum Gärtner gemacht." (mhz/ddp/dpa)

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