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Politik: „Angeschlagen und diplomatisch isoliert“

Frankreichs Zeitungen lassen nach dem EU-Eklat kaum ein gutes Haar an Sarkozy – aber dem ist das egal

Nach dem verbalen Zusammenprall mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beim EU-Gipfel vom Donnerstag war Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy zwar um Schadensbegrenzung bemüht. Der Blick in die französischen Zeitungen vom Freitag dürfte dem Staatschef aber kaum gefallen haben: Aus den Kommentaren der Gazetten bis in die tiefste Provinz sprach die Sorge, das Ansehen Frankreichs und seine Stellung in der Europäischen Union könnte nach dem Eklat gelitten haben. Frankreichs politischer Kredit stehe auf dem Spiel, schrieben „Les Dernières Nouvelles d’Alsace“. „Midi Libre“ aus Toulouse konstatierte eine „Krise, in der Frankreich im Zentrum einer internationalen Polemik“ stehe. „L’Alsace“ interpretierte die Reaktion der Partner als „Zeichen eines Nase-voll-Gefühls über den Stil Sarkozys“. Die Zeitung „Sud Ouest“ aus Bordeaux nannte Sarkozy „politisch angeschlagen und diplomatisch isoliert“.

Dem Präsidenten dürften solche Kommentare gleichgültig sein. Er wolle mit der Räumung illegaler Roma-Lager fortfahren, kündigte er an. Für die harte Linie findet er auch Zustimmung. Etwa 60 Prozent der Franzosen sind laut Umfragen mit der Abschiebung der Roma einverstanden. Dass Frankreich mit seinem Vorgehen europäische Regeln verletzte, stößt bei der linken Opposition auf Kritik, weniger im konservativen Regierungslager. Frankreich respektiere geltendes Recht, indem es Roma entsprechend einer EU-Übergangsbestimmung für Rumänen und Bulgarien nach dreimonatigem Aufenthalt zur Rückkehr bewege, heißt es in Paris. An ein Ende der Abschiebungen denkt Sarkozy nicht.

Der rechtliche Status der Roma ist je nach EU-Mitgliedsland verschieden und hängt davon ab, ob sie in dem jeweiligen Staat als Minderheit anerkannt sind. Wie alle Bürger der EU haben sie das Recht, sich innerhalb der Union frei zu bewegen. Sie können mit einem gültigen Ausweis bis zu drei Monate in einem Land bleiben. Längere Aufenthalte sind möglich, wenn sie eine feste Arbeit vorweisen können. Wie andere EU-Bürger auch können Roma in ihr Ursprungsland zurückgeschickt werden, wenn sie als Risiko für die öffentliche Sicherheit eingestuft werden oder die Sozialsysteme belasten.

Scharfe Kritik erntete Sarkozy auch bei der sozialistischen Opposition in Frankreich. „Es entsteht der Eindruck, dass sich in der Regierung eine Praxis des Lügens breitmacht“, kommentierte am Freitag der sozialistische Parlamentsabgeordnete Claude Bartolone. Erst hätten Minister wie Eric Woerth und Brice Hortefeux die Unwahrheit gesagt. Nun lüge auch noch der Präsident. Der Eklat beim EU-Gipfel schade dem Bild Frankreichs in Europa und schwäche die Kraft, die eigentlich von den deutsch-französischen Beziehungen ausgehen solle.

Stramme Parteigänger Sarkozys zollen dem Präsidenten indes für seine feste Haltung Beifall. Sarkozy sei ein „Mann der Wahrheit und Klarheit, der sich nicht scheut, die Dinge beim Namen zu nennen“, erklärte der Abgeordnete Eric Ciotti, Sicherheitsbeauftragter der Regierungspartei UMP. Er gilt als rechter Flügelmann der französischen Politik. Auf die Wiederherstellung seines Ansehens bei diesem „harten Kern“ seiner Wähler habe es Sarkozy abgesehen, meint der Politologe Roland Cayrol. An sie und nicht an die EU-Partner habe Sarkozy seinen Auftritt in Brüssel gerichtet. mit rtr/dpa

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