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Anglikanisch-katholisch: Heikles Treffen im Vatikan

Papst Benedikt XVI. spricht mit dem anglikanischen Primas Rowan Williams – das Verhältnis zwischen den Kirchen ist angespannt.

Vatikanstadt - Nach Irritationen um ein katholisches Übertrittsangebot an Anglikaner haben die Oberhäupter der beiden christlichen Kirchen ihren Willen zur Ökumene bekräftigt: Papst Benedikt XVI. empfing den anglikanischen Primas Rowan Williams am Samstag zu „herzlichen Diskussionen“, wie der Vatikan mitteilte. Bei einem Treffen mit rund 260 Künstlern rief der Papst zudem zu einem neuen Dialog zwischen Kirche und Kunst auf.

Britische Zeitungen hatten das Gespräch zwischen dem Papst und dem Erzbischof von Canterbury im Vorfeld zu einer Machtprobe zwischen den beiden Kirchenführern stilisiert, da immer mehr konservative Anglikaner weltweit zum Katholizismus übertreten. Im Oktober hatte der Vatikan neue Regeln für Konvertiten aufgestellt, die sich wegen der Priesterweihe von Frauen und der Haltung zur Homosexualität von der „Church of England“ abgewendet haben. Dabei will die katholische Kirche künftig im Einzelfall auch verheiratete Priester der Anglikaner aufnehmen – angesichts des Zölibats ein folgenreicher Schritt.

Der Vatikan teilte mit, Papst Benedikt und Erzbischof Williams hätten die jüngsten Entwicklungen der Beziehungen zwischen beiden Glaubensgemeinschaften sowie die Herausforderungen für alle Christen am Beginn dieses Jahrtausends besprochen. Sie betonten demnach, die Zusammenarbeit zwischen den christlichen Kirchen vertiefen zu wollen. Weitere Einzelheiten zu dem als privat eingestuften Treffen wurden nicht bekannt.

Das Übertrittsangebot war für die anglikanische Führung in Großbritannien offenbar sehr überraschend gekommen. Williams hatte bedauert, er sei „erst sehr spät“ in Kenntnis gesetzt worden. Vatikan-Experte Bruno Bartoloni sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass die Initiative des Vatikans auch den Anglikanern nutze, da „reaktionäre Kräfte“ so zur katholischen Kirche wechseln könnten, anstatt die eigene Glaubensgemeinschaft zu spalten.

Die anglikanische Kirche hatte sich im 16. Jahrhundert von der katholischen Kirche abgespalten, nachdem sich Papst Clemens VII. geweigert hatte, die Ehe des englischen Königs Heinrich VIII. annullieren zu lassen. Theologisch trennte beide Glaubensgemeinschaften über Jahrhunderte nicht viel, allerdings erkennen die Anglikaner die Sonderstellung des Papstes nicht an.

Nach weitreichenden Reformen der vergangenen Jahre befinden sich die Anglikaner in einer Identitätskrise. Zum Leidwesen konservativer Strömungen führte die anglikanische Kirche die Priesterweihe von Frauen ein, begann mit der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren und ließ offen homosexuelle Priester und Bischöfen zu. Weltweit zählen die Anglikaner rund 77 Millionen Anhänger. Die katholische Kirche hat etwa 1,1 Milliarden Gläubige.

Bei einem Treffen mit Künstlern in der Sixtinischen Kapelle rief Papst Benedikt XVI. zu engeren Beziehungen zwischen Kirche und Kunst auf. Der Glaube sei nicht schädlich für das künstlerische Genie, sagte der Papst. Die Schönheit der Künste schaffe Enthusiasmus und Vertrauen im Menschen und könne zu einem Weg zu Gott werden, weil sie neue Horizonte des Bewusstseins eröffne. AFP

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