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Angola: Hehlerei im Dienste der Nation

Pariser "Angolagate"-Prozess endet mit hohen Strafen – ein Ex-Innenminister muss sogar ins Gefängnis

Mit harten Strafen ist nach mehr als einem Jahr der Mammutprozess um illegale Waffenlieferungen an Angola vor einer Pariser Strafkammer zu Ende gegangen. Gegen die beiden Hauptangeklagten, den französischen Geschäftsmann Pierre Falcone und seinen russischen Partner Arcadi Gaydamek, verhängte das Gericht wegen verbotener Waffengeschäfte, Korruption und Unterschlagung je sechs Jahre Gefängnis und hohe Geldstrafen. Falcone wurde noch im Gerichtssaal festgenommen. Gegen Gaydamek, der sich dem Verfahren durch Flucht nach Israel entzogen hatte und heute in Moskau residiert, war in Abwesenheit verhandelt worden. Unerwartet streng fielen auch die Strafen für die meisten anderen der 42 Angeklagten aus. Der prominenteste unter ihnen, der Senator und ehemalige gaullistische Innenminister Charles Pasqua, wurde wegen Korruption und Amtsmissbrauch zu drei Jahren Haft, davon zwei zur Bewährung, verurteilt. Sechs Beschuldigte wurden freigesprochen.

Die in den französischen Medien „Angolagate“ genannte Affäre geht auf die Zeit von 1993 bis 1998 zurück. Das ölreiche afrikanische Land befand sich damals im Bürgerkrieg. Für den Kampf gegen den von der südafrikanischen Apartheidsregierung und den USA unterstützten Rebellenführer Jonas Savimbi benötigte der bis zum Zusammenbruch von der Sowjetunion und Kuba unterstützte angolanische Präsident José Eduardo dos Santos dringend Waffen. Falcone und Gaydamek beschafften sie ihm. Aus Beständen der ehemaligen Ostblockländer lieferten sie Kampfpanzer, Helikopter, Kriegsschiffe, Granaten sowie leichte Waffen und Tretminen im Wert von insgesamt 793 Millionen US-Dollar. Für die Exporte hatten sie keine Erlaubnis der französischen Behörden. Um diesen Mangel zu umgehen, wurden die Geschäfte über eine unter dem Schutz des Pariser Innenministeriums stehende Gesellschaft eingefädelt und dann über eine Firma mit Sitz in der Slowakei abgewickelt.

Am Zustandekommen der illegalen Geschäfte waren zahlreiche einflussreiche französische Persönlichkeiten beteiligt, die für ihre Dienste reichlich belohnt wurden. Zu ihnen zählt Jean-Christophe Mitterrand, ein Sohn des früheren sozialistischen Präsidenten Francois Mitterrand, der als ehemaliger Afrika-Berater seines Vaters beste Beziehungen zum Kontinent hatte. Wegen Hehlerei verhängte das Gericht gegen ihn drei Jahre Gefängnis zur Bewährung und eine Geldstrafe von 375 000 Euro. Jacques Attali, Mitterrands einstige rechte Hand im Elysee-Palast, wurde vom Vorwurf der Hehlerei mangels Beweisen freigesprochen.

„Ich habe selten ein solches Maß der organisierten Verschleierung gewinnbringender Straftaten angetroffen“, sagte Gerichtspräsident Jean-Baptiste Parlos bei der Urteilsverkündung. Unter der „Maske der Ehrenhaftigkeit“ hätten die Täter die Grenzen des Gesetzes hinter sich gelassen. Wiederholt war das Gericht politischem Druck ausgesetzt. Mehrmals hatte die angolanische Regierung in Paris gegen den Prozess protestiert und verlangt, dass bestimmte Dokumente aus Rücksicht auf die militärische Geheimhaltung aus den Akten entfernt würden. Kurz vor Prozessbeginn war Präsident Nicolas Sarkozy im Juni 2008 zu einem Blitzbesuch nach Angola gereist, wo er mit Blick auf die Interessen französischer Ölfirmen die Hoffnung aussprach, die „Missverständnisse der Vergangenheit“ zu überwinden. Als besonders skandalös wurde ein Brief von Verteidigungsminister Hervé Morin an die Verteidiger Falcones und Gaydameks empfunden, in dem er erklärte, die Waffenlieferungen seien in Frankreich nicht strafbar, da sie gar nicht über französisches Territorium gelaufen seien.

Die Anwälte Falcones und Gaydameks kündigten Revisionsanträge an. Auch Pasqua will in Berufung gehen. Der 82-jährige Alt-Gaullist, der sich demnächst noch wegen anderer Korruptionsaffären vor Gericht verantworten muss, erklärte, der Staatspräsident (einen Namen nannte er nicht, aber gemeint ist wohl Jacques Chirac) und die Regierung seien damals über die Waffenlieferungen informiert gewesen. Er verlange eine Offenlegung aller geheimen Dokumente.

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