zum Hauptinhalt
Verbaler Schlagabtausch. Bei der zweiten TV-Debatte stellten sich der Herausforderer Mitt Romney (links) und AmtsinhaberBarack Obama den Fragen von Bürgern. Foto: Mike Segar/Reuters

© REUTERS

Politik: Angriff in der Bürgerarena

Umfragen sehen Barack Obama als Sieger des zweiten TV-Duells mit Präsidentschaftsbewerber Romney.

Diesmal war alles anders: das Debattenformat, die Themen, die Körpersprache – und das Urteil, wer gewonnen hat. Dreizehn Tage nach dem schlechten Auftritt im ersten Schlagabtausch errang Barack Obama beim zweiten TV-Duell mit Mitt Romney in der Nacht zu Mittwoch einen knappen Sieg. Nach einer Umfrage von CNN nennen 46 Prozent Obama als Sieger der Debatte, 39 Prozent Romney.

Bürger stellten die Fragen im Auditorium der Hofstra-Universität in Hempstead im Staat New York. CNN hatte sie mit Hilfe von Meinungsforschern für das „Townhallformat“ ausgesucht; zum Zuge kommen sollten nur Wähler, die noch nicht entschieden haben, wem sie ihre Stimme geben. Sie sprachen Themen an, die für sie im Alltag wichtig sind. Ältere sorgen sich um ihre Jobs und das Wirtschaftswachstum. Studenten wollen wissen, wie sie ihre Studienkosten zurückzahlen können und wie viel staatliche Hilfe es dafür gibt. Frauen fragen, wie Obama und Romney es mit Gleichberechtigung, gerechter Bezahlung und dem Streit um Abtreibungsverbot oder sexuelle Selbstbestimmung halten.

Die vielen Millionen Fernsehzuschauer erlebten ein im Ton ziviles, aber in der Sache hartes Rededuell über gut 90 Minuten. Es war viel Bewegung auf der Bühne. Der Kandidat, dem die Frage galt, erhob sich, ging auf den Fragesteller zu, erklärte in zwei Minuten seine Sicht. Danach stand der Kontrahent auf und hatte dieselbe Zeit zur Erwiderung. Häufig standen beide gleichzeitig auf der mit rotem Teppich ausgelegten Bühnenmitte und versuchten eine aus ihrer Sicht falsche Behauptung richtigzustellen.

Obama zeigte von Anfang an, dass er Romney nicht abermals die Initiative überlassen wollte. Gleich in der ersten Antwort attackierte er: Wäre es nach den Republikanern gegangen, wären die Autofirmen GM und Chrysler bankrott gegangen. Dank Obamas Hilfe wurden hunderttausende Arbeitsplätze gerettet.

„Ihre Zahlen stimmen nicht!“, warfen sich beide bei den Themen Steuern und Schuldenabbau vor. Romney bekräftigte seine neue Position, dass er die Reichen nicht entlasten wolle: Die obersten fünf Prozent sollten nach seinem Plan weiter 60 Prozent aller Einkommensteuern bezahlen. Monatelang hatte er Steuererleichterungen für alle gefordert, auch für die Reichen, diese Position aber in der ersten Debatte geändert. Damals verpasste Obama die Chance, ihn dafür als „Flip Flopper“ hinzustellen: einen Mann, der seine Meinung wechselt, wenn er sich davon einen Vorteil verspricht. Obama hämmerte den Zuhörern ein, Romney kündige einerseits Steuersenkungen an. Andererseits wolle er Abschreibungsmöglichkeiten in gleicher Höhe streichen, um die Schulden abzubauen. Er verweigere aber die Auskunft, welche Schlupflöcher er konkret schließen wolle. So bleibe eine Lücke, die Obama bisher mit fünf Billionen Dollar über zehn Jahre beziffert hatte, nun aber auf acht Billionen schraubte.

Romney erwiderte, Obama könne nicht rechnen. Eben deshalb seien die Schulden der USA heute so hoch. Auch er übertrieb, als er den Präsidenten für die Hälfte der heutigen Schulden verantwortlich machte. Unter Obama ist etwa ein Drittel hinzugekommen. Der größte Defizitsünder war George W. Bush.

Von dem war bisher selten die Rede im Wahlkampf – es wirkt, als wollten die USA nicht an ihn erinnert werden. Doch nun fragte eine Frau danach. Sie sei enttäuscht von Obama. Aber sie fürchte, dass Romney zu Bushs Rezepten zurück wolle, und die seien doch der Auslöser der tiefen Krise gewesen. Romney solle sagen, was ihn von Bush unterscheide. In dem Augenblick huschte ein halb erleichtertes, halb spöttisches Lächeln über Obamas Gesicht. Romney nannte eine ausgewogene Haushaltspolitik und das Bemühen um fairen Handel. Wenn China mogele, werde er einschreiten. „Sie sind der Letzte, der hart mit China umgeht“, attackierte Obama. Romney sei finanziell beteiligt an chinesischen Firmen, die Amerika Jobs wegnehmen. Das gelte auch für Obamas Geldanlage, behauptete Romney und fragte, wann der Präsident zuletzt seine Altersversorgung angeschaut habe. „Nicht so oft. Meine ist nicht so dick“, erwiderte Obama. Das Publikum lachte.

In der Außenpolitik unterlief Romney ein Patzer. Die Aufklärung, wie es zu der Ermordung von vier US-Diplomaten in Libyen kam – durch eine Demonstration, die spontan eskalierte, oder einen Terrorakt von Al Qaida – ist ein wunder Punkt für Obama, weil er im Laufe der Zeit verschiedene Erklärungen abgegeben hat. In der Debatte versteifte sich Romney auf die Behauptung, Obama habe viele Tage gebraucht, ehe er zugab, dass es ein geplanter Terrorakt war. Da musste er sich von Moderatorin Candy Crowley korrigieren lassen. Obama hatte bereits am Tag nach den Morden von Terror gesprochen. Nun zeigen die TV-Sender immer wieder die Szene mit Romneys Irrtum.

Kommenden Montag folgt das letzte TV-Duell.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false