zum Hauptinhalt

Politik: „Angst in EU vor Rumänen ist übertrieben“

Herr Johannis, an diesem Montag will die Europäische Union die Beitrittsverträge für Bulgarien und Rumänien zum 1. Januar 2007 unterschreiben.

Herr Johannis, an diesem Montag will die Europäische Union die Beitrittsverträge für Bulgarien und Rumänien zum 1. Januar 2007 unterschreiben. Was bedeutet dieser Tag für die Rumänien?

Seitdem es die Diskussion über einen Beitritt gibt, hat sich eine Europaeuphorie entwickelt, anders kann man das nicht beschreiben. Alle Umfragen zeigen, dass mehr als 80 Prozent der Rumänen in die EU möchten. Deshalb ist es auch für das Gefühl der Menschen ein sehr wichtiger Tag für die Rumänen.

Was erhoffen sich Ihre Landsleute?

Im Prinzip sind dies einfache Dinge: eine gesunde Entwicklung, ein faire Verwaltung, die Möglichkeit, frei zu reisen. Und viele hoffen auch, dass durch den Beitritt die Reformen in Rumänien selbst beschleunigt werden und so insgesamt der Lebensstandard steigt.

Der Beitritt Ihres Landes ist nach wie vor umstritten. Die EU sieht Probleme bei der Bekämpfung von Korruption und organisiertem Verbrechen und dem Schutz von Minderheiten wie den Roma.

Man muss fairerweise sagen, dass die neue Regierung von Ministerpräsident Calin Popescu-Tariceanu erst seit Anfang des Jahres im Amt ist und trotzdem schon den Eindruck hinterlassen hat, sie will die Reformen wirklich umsetzen. Dass nur in wenigen Bereichen sichtbare und stabile Resultate zu sehen sind, ist klar. Man kann nicht in drei Monaten ein Land ändern. Aber die Tendenz ist gut, ich denke, man sollte der Regierung zunächst vertrauen.

In Deutschland gibt es eine Diskussion darüber, wie deutsche Arbeitnehmer vor Dumpinglöhnen geschützt werden können. Erwarten Sie, dass 2007 viele Rumänen gehen, um in Deutschland zu arbeiten?

Nein. Das ist eine übertriebene Befürchtung in Westeuropa. Es ist so, dass jetzt schon viele Rumänen, die im Ausland arbeiten, überlegen zurückzugehen. Es ist ganz offensichtlich, dass es in unserem Land aufwärts geht, auch wirtschaftlich.

Noch vor gut vier Jahren lag die Arbeitslosenquote in Hermannstadt bei mehr als 12 Prozent, heute bei weniger als fünf. In den vergangenen fünf Jahren haben sich 430 ausländische Investoren in der Gegend angesiedelt, davon knapp die Hälfte aus Deutschland. Wie haben Sie das geschafft?

Es ist eine konstante Entwicklung vorwärts – und genau dies ist eine Erklärung. Ein plötzlicher Aufschwung ist in Rumänien zurzeit nicht möglich, weil die Infrastruktur dafür nicht ausreicht. Wir haben genau da angesetzt: die Rahmenbedingungen und die Infrastruktur verbessert, haben ein neues Industriegebiet ausgewiesen und auf Kosten der Stadt erschlossen. Außerdem profitieren wir davon, dass Hermannstadt über einen internationalen Flughafen verfügt. Unsere Verwaltung ist Investoren gegenüber sehr offen. und die geografische Lage mitten in Rumänien ist klar ein logistischer Vorteil für den Binnenmarkt. Und dass es ein deutsches Generalkonsulat gibt. Denn das ist ein seriöser und stabiler Ansprechpartner.

Das Gespräch führte Sven Lemkemeyer.

Klaus Johannis (45) ist seit 2000 Oberbürgermeister im rumänischen Hermannstadt. Er wurde 2004 mit 90 Prozent der Stimmen wiedergewählt. Die Stadt ist 2007 Kulturhauptstadt Europas.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false