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Politik: Angst vor dem Simonis-Effekt

In Mecklenburg-Vorpommerns SPD zeigen sich Differenzen in der Koalitionsfrage

Ob aus Naivität oder gezielt – mit seiner Bemerkung, es dürfe keinen „Heide-Simonis-Effekt“ geben, hat der SPD-Landesvorsitzende Till Backhaus das Gerücht noch genährt, die Koalitionsfrage in Mecklenburg-Vorpommern sei schon zu Gunsten der CDU vorentschieden. Am Dienstag mühte er sich daher, es aus der Welt zu schaffen. Denn das Wort vom „Simonis-Effekt“ hat es in sich – gemeint ist nämlich das Risiko einer Mehrheit von nur einer Stimme, die eine erneute Koalition von SPD und Linkspartei hätte. Simonis’ Wiederwahl zur Ministerpräsidentin in Kiel war vor anderthalb Jahren bei gleicher Mehrheitskonstellation gescheitert, weil ihr ein Abgeordneter bei mehreren geheimen Wahlgängen die Gefolgschaft verweigerte. In etwa acht Wochen steht in Schwerin die Wiederwahl von Harald Ringstorff zum Ministerpräsidenten an.

Backhaus will in seinem Hinweis auf den Simonis-Effekt auf keinen Fall einen freundlichen Wink an die CDU sehen. Eine „stabile Regierung“ sei auch mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit möglich, sagte er dem Tagesspiegel. Und wie der „Simonis-Effekt“ ausgeschlossen werden könne, müsse gegebenenfalls „in der Koalitionsvereinbarung geklärt“ werden. Der SPD sei wichtig, dass Ringstorff Ministerpräsident bleibe und wichtige Reformprojekte nicht zurückgedreht würden. Einstimmig habe der Landesvorstand am Abend zuvor deshalb Sondierungsgespräche mit der Linkspartei und mit der CDU beschlossen.

Teilnehmer berichteten, der Beschluss sei in großem Einvernehmen gefasst worden, Kritik an Backhaus sei nicht laut geworden. Der „Heide-Halbsatz“ des Parteichefs werde überbewertet, versicherte ein SPD-Mann. Backhaus beugte Spekulationen über einen Alleingang vor: „Zwischen Ringstorff und mich passt kein Blatt Papier.“ Ringstorff stand schweigend neben dem Parteichef und lächelte.

Aus der Deckung wagte sich unterdessen der Schweriner SPD-Bundestagsabgeordnete Hans-Joachim Hacker. „Wir brauchen eine stabile Mehrheit. Das ist mit einem Sitz über den Durst nicht zu machen.“ Zur Begründung verwies er auf „schwierige Entscheidungen im Laufe der Legislaturperiode“, für die sichere Mehrheiten notwendig seien. In der Vergangenheit habe es aus den Reihen der PDS „Abweichler“ gegeben, fügte er hinzu.

Abgewichen vom Koalitionskonsens war im Frühjahr bei einer wichtigen Entscheidung die Linkspartei-Landtagsabgeordnete Barbara Borchardt. Nun knüpfte sie ihre Zustimmung zur Fortsetzung von Rot-Rot an Bedingungen. „Wenn wir eine Reihe von Projekten mit der SPD konkret vereinbaren und ihre Finanzierung sicherstellen, dann könnte ich mir eine Fortsetzung vorstellen. Wenn nicht, sollten wir es lieber sein lassen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Als „Mindestvoraussetzungen“ nannte sie Programme zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, Kinderarmut und Rechtsradikalismus, die flächendeckende Einführung kostenfreier Kita-Plätze, höhere Budgets für die Kommunen zur Stärkung der Gemeindefinanzen und damit der kommunalen Selbstverwaltung sowie den Ausbau demokratischer Rechte für die Bürger. Zur Finanzierung dieser Projekte müsse eine neue rot-rote Landesregierung notfalls bereit sein, höhere Kredite aufzunehmen, fügte die PDS-Politikerin hinzu. In der Geldfrage könnte sie bei der SPD auf Granit beißen. Ringstorff will bereits im Landeshaushalt 2009 ohne Neuverschuldung auskommen.

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