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Politik: Angst vor der Nische

Von Hans Monath Nitrofen ist nicht nur für Menschen gefährlich, es kann auch jede Wahlkampfplanung vergiften. Deshalb hat der neue Lebensmittelskandal bei den Grünen große Befürchtungen ausgelöst, die Partei könne in der heißen Phase der parteipolitischen Auseinandersetzung Schaden nehmen.

Von Hans Monath

Nitrofen ist nicht nur für Menschen gefährlich, es kann auch jede Wahlkampfplanung vergiften. Deshalb hat der neue Lebensmittelskandal bei den Grünen große Befürchtungen ausgelöst, die Partei könne in der heißen Phase der parteipolitischen Auseinandersetzung Schaden nehmen.

Kein Wunder. Mit Renate Künast steht eine Ministerin im Mittelpunkt, die mit ihren Umfragewerten im Spitzenteam neben Joschka Fischer als „zweitstärkstes Zugpferd“ gilt und ganz andere Wählergruppen anspricht als der Außenminister. Seit die Grünen Anfang 2001 das Verbraucher-Ressort gegen das Gesundheitsministerium eintauschten, hat die Partei die Reform der Landwirtschaft und die Förderung des Ökolandbaus zu einem ihrer zentralen Projekte gemacht. Deshalb ist der Ökoskandal auch „ein schwerer Rückschlag“ für die Grünen, wie ein wichtiger Landespolitiker meint.

Spitzenvertreter aus Partei und Fraktion hatten sich schon am Dienstagabend mit Künast zum Krisenmanagement getroffen. Als bedrohlichste Frage gilt nicht, ob die Ministerin die Krise durch- und übersteht. In dieser Hinsicht zeigt sich die Grünen-Spitze sehr zuversichtlich, auch wenn aufmerksam registriert wird, dass zwar das Kabinett Künasts Vorgehen billigte, der Kanzler seine Ministerin aber bislang noch nicht öffentlich gestützt hat. Doch gerade im Vergleich mit Vorgängerin Andrea Fischer während des BSE-Skandals im Winter 2000/2001 gilt deren Nachfolgerin trotz der neuen Krise als ungefährdet. Sie sei „sehr handlungsstark“ und mache insgesamt einen „sehr überzeugenden Eindruck“, heißt es.

Weit mehr Sorgen macht den Parteifreunden, dass nun die Diskreditierung des Öko-Landbaus insgesamt droht. Dabei wird zwischen „worst case"- und „best case"-Szenarien unterschieden: Falls die Öko-Landwirtschaft als Folge der Krise zurück in die Nische gedrängt werde, aus der sie die Grünen einmal geholt hatten, müsste das Ziel der Agrarwende insgesamt als gescheitert gelten und damit auch die grüne Partei Schaden nehmen.

Als günstigster Fall gilt eine Entwicklung, bei der Künast mit einem sehr offensiven Krisenmanagement Punkte macht und nachweisen kann, dass der Betrug nicht signifikant für den Öko-Landbau ist. Dabei wird in der Partei darauf hingewiesen, dass die Ministerin öffentliche Erwartungen erfüllen muss, obwohl sie für viele Entscheidungen formal gar keine Zuständigkeit habe. Ihr Ziel sei deshalb, auf Landesminister „mit Zuckerbrot und Peitsche“ öffentlich Druck zu machen. Aber auch die ganze Partei sei nun gefordert, heißt es: „Wir werden um das Thema Öko-Landbau kämpfen.“ Prompt verteidigten prominente Grüne wie Parteichef Fritz Kuhn den Öko-Landbau.

Als ausgestanden aber gilt die neue Krise noch lange nicht, zumal in den vielen Agrarbehörden erklärte Feinde der Grünen vermutet werden. „Man muss in so einer Situation mit dem Schlimmsten rechnen“, heißt es in der Partei.

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