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Der ehemalige US-Präsident Donald Trump soll sich der Wirkung seiner Rede am 6. Januar bewusst gewesen sein.

© Mike Sorensen/Quincy Herald-Whig via AP/dpa

Update

Anhörung zum 6. Januar: Trump wollte sich zu Protesten am Kapitol bringen lassen

Eine ehemalige Mitarbeiterin des Weißen Hauses hat umfassend ausgesagt: Sie berichtet vom schlechten Benehmen des Ex-US-Präsidenten und seiner Ignoranz.

Der damalige US-Präsident Donald Trump und enge Vertraute waren sich nach Angaben einer Mitarbeiterin des Weißen Hauses vorab der möglichen Gewalt am 6. Januar 2021 bewusst. Trump habe vor der Rede an seine Anhänger an diesem Tag von Waffen im Publikum gewusst, sagte Cassidy Hutchinson am Dienstag bei einer öffentlichen Anhörung des Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Attacke. Hutchinson arbeitete im Weißen Haus für Trumps damaligen Stabschef Mark Meadows.

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„Es ist mir egal, ob sie Waffen haben - sie sind nicht hier, um mich zu verletzen. Sie können von hier aus zum Kapitol marschieren. Nehmt die verdammten Metalldetektoren weg“, zitierte Cassidy Trump. Sie gab an, diese Worte von ihm kurz vor seiner Rede gehört zu haben. Wenn ein Präsident eine Rede hält, verlangt der Personenschutz, dass die Anwesenden Metalldetektoren passieren.

Der Untersuchungsausschuss habe aus Berichten der Strafverfolgungsbehörden erfahren, dass die Teilnehmer der Trump-Kundgebung Pfefferspray, Messer, Schlagringe, Taser und stumpfe Gegenstände bei sich gehabt hätten, sagte die stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Liz Cheney. Hutchinson zufolge wurde auch Meadows darüber informiert - zeigte aber fast keine Reaktion.

Cassidy Hutchinson, ehemalige Mitarbeiterin im Weißen Haus, sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus.
Cassidy Hutchinson, ehemalige Mitarbeiterin im Weißen Haus, sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus.

© Andrew Harnik/Reuters

Der Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone, habe sie schon am 3. Januar dazu gedrängt, sich bei Meadows dafür einzusetzen, einen Protest zu verhindern, sagte Hutchinson. „Wir werden wegen jedes erdenklichen Verbrechens angeklagt, wenn wir diese Bewegung in Gang setzen“, soll er zu ihr gesagt haben.

„Ich bin der verfluchte Präsident, bringt mich zum Kapitol“

Unter Berufung auf ein Gespräch mit einem Kollegen und dem zuständigen Secret-Service-Beamten unmittelbar nach dem Vorfall schilderte Hutchinson, dass Trump in dem gepanzerten Geländewagen sogar versucht habe, dem Fahrer ins Lenkrad zu greifen. Er soll demnach gesagt haben: „Ich bin der verfluchte Präsident, bringt mich zum Kapitol.“

Der Personenschützer habe ihn am Arm gepackt, um ihm vom Lenkrad fernzuhalten, schilderte sie weiter. Trump habe seinen freien Arm genutzt, um sich zu wehren.

Hutchinson erklärte, Stabschef Meadows - der den Plan gutzuheißen schien - habe Trump nicht informiert, dass eine Fahrt zum Kapitol nicht möglich sein würde. Es habe zuvor Überlegungen gegeben, wonach Trump womöglich eine weitere Rede vor dem Kapitol halten könnte, sagte Hutchinson.

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Hutchinson bezeichnete auch Trumps Angriffe gegen dessen ehemaligen Vize Mike Pence als „unpatriotisch“. Sie gab unter Berufung auf Meadows an, dass Trump der Ansicht gewesen sein soll, Pence habe die Attacken gegen ihn verdient.

Die stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende Cheney hatte sich bereits bei einer vorherigen Anhörung ähnlich geäußert. Der Republikanerin zufolge soll sich Trump positiv über Bestrebungen geäußert haben, seinen Vizepräsidenten zu hängen. Hutchinson habe all das „angewidert“, sagte sie. „Es war unpatriotisch, es war unamerikanisch. Wir haben zugesehen, wie das Kapitol wegen einer Lüge verunstaltet wurde“, sagte sie über die Kapitol-Attacke.

Trump warf im Weißen Haus offenbar mit Essen um sich

Trump soll nach Angaben Hutchinsons vor Wut über ein Interview des damaligen Justizministers zur Präsidentenwahl 2020 einen Teller mit Essen gegen die Wand geworfen haben. Sie habe ihr Büro im Dezember verlassen und sei zum Speiseraum im Weißen Haus gegangen Zuvor habe der Präsident ihren damaligen Chef dorthin zitiert.

Der Kammerdiener „gab mir ein Zeichen, hereinzukommen, und zeigte dann auf den vorderen Teil des Raumes, in der Nähe des Kaminsimses am Fernseher, wo ich zuerst bemerkte, dass Ketchup an der Wand heruntertropfte“, schilderte sie.

Auf dem Boden habe ein zerbrochener Porzellanteller gelegen. Der Diener habe ihr dann erzählt, dass Trump so sauer über ein Interview des Justizministers William Barr gewesen sei, dass er sein Mittagessen gegen die Wand geworfen habe. Barr hatte in dem Interview gesagt, dass es keine Beweise für weit verbreiteten Wahlbetrug gebe.

Bereits zweite Anhörung von Hutchinson

Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 gewaltsam den Parlamentssitz in der Hauptstadt Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um Bidens Wahlsieg zu zertifizieren. Bei den Krawallen kamen fünf Menschen ums Leben, darunter ein Polizist. Der Angriff auf das Herz der US-Demokratie erschütterte das Land. Trump hatte seine Anhänger kurz zuvor bei einer Kundgebung damit aufgewiegelt, dass ihm der Wahlsieg bestohlen sei.

Hutchinson war als Überraschungszeugin geladen worden. Bei einer vorherigen Anhörungen geriet sie bereits in den Fokus - damals wurden aber lediglich Videos ihrer Aussagen gezeigt.

„Ich möchte, dass alle Amerikaner wissen, dass das, was Frau Hutchinson heute getan hat, nicht einfach ist“, betonte die Republikanerin Cheney - sie hatte die Befragung der Zeugin übernommen. „Der einfache Weg ist, sich vor dem Rampenlicht zu verstecken, sich zu weigern, vorzutreten und zu versuchen, das Geschehene herunterzuspielen oder zu leugnen.“(dpa)

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