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Update

Ankauf von Steuer-CDs: Schweiz bat um Rechtshilfe im Steuerstreit

Die SPD nennt das Steuerabkommen mit der Schweiz angesichts der Haftbefehle gegen Steuerfahnder obsolet - und attackiert Minister Schäuble. Die Schweiz will Steuerfahnder offenbar mit deutscher Hilfe fassen.

Im aktuellen Steuerstreit hat die Schweiz die deutschen Behörden bereits vor zwei Wochen um Rechtshilfe gebeten. Die Schweizer Bundesanwaltschaft habe am 20. März ein Rechtshilfe-Ersuchen gestellt, sagte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums am Montag in Berlin. Die betroffene Landesregierung habe die Bundesregierung konsultiert.

Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Schweizer Justiz Haftbefehl gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen erlassen hat. Sie sollen im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein.

Die Sprecherin des Justizressorts sagte weiter, die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung über das Schweizer Ersuchen dauere an. Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ließ allerdings durchblicken, dass sein Ressort über das Rechtshilfe-Ersuchen nicht informiert worden sei.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief ebenso wie Schäuble die SPD-geführten Länder dazu auf, dass strittige Steuerabkommen mit der Schweiz nicht zu blockieren. Die Strafverfolgung würde dann aufhören, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert.

Die Probleme würden gelöst, sagte der Schäuble-Sprecher. Mit der Schweiz werde noch ein Änderungsprotokoll abgeschlossen. Das Abkommen solle wie geplant zum 1. Januar 2013 in Kraft treten können. „Dann würden alle Verfahren, die anhängig sind, eingestellt.“ Die SPD sieht nach den Haftbefehlen kaum noch Chancen für das Abkommen.

Die SPD nimmt unterdessen nun auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ins Visier. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Joachim Poß sagte der „Saarbrücker Zeitung“: „Offenbar hat der Finanzminister die Dimension des Konflikts noch nicht erfasst. Anstatt Verständnis für die Schweizer Position zu äußern, erwarte ich eine glasklare Stellungnahme, wie Schäuble die Dinge aus der Sicht des deutschen Rechtsstaatsverständnisses sieht.“

Dazu gehöre, dass der Minister die Schweiz auffordere, ihr „Geschäftsmodell“ aufzugeben, „nämlich länderübergreifende Steuerkriminalität zu schützen“. Außerdem müsse Schäuble klar Partei für die drei Steuerfahnder ergreifen, gegen die Bern Haftbefehle erlassen habe. „Wenn Diktatoren und Massenmörder aus ihren Heimatländern fliehen mussten, dann haben sie ihr geraubtes Vermögen oft genug in die Schweiz gebracht“, sagte Poß. Aber nicht diese Leute würden dort kriminalisiert, sondern wie gerade geschehen drei Steuerfahnder aus Deutschland.

Die Schweizer Justiz hatte Haftbefehl gegen drei Steuerfahnder aus Nordrhein-Westfalen erlassen, weil sie im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein sollen. Die Schweiz wirft ihnen Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und Verstoß gegen das Bankgeheimnis vor. Schäuble hatte am Wochenende lediglich erklärt, die Schweiz wende nur ihr nationales Strafrecht mit den Haftbefehlen an.

Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz sorgt in Deutschland für Zoff. Die SPD nennt es angesichts der Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder obsolet - und attackiert Minister Schäuble. Das SPD- geführte NRW-Finanzministerium will auch künftig Steuer-CDs kaufen.
Das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz sorgt in Deutschland für Zoff. Die SPD nennt es angesichts der Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder obsolet - und attackiert Minister Schäuble. Das SPD- geführte NRW-Finanzministerium will auch künftig Steuer-CDs kaufen.

© dpa

Angesichts der jüngsten Entwicklung sieht Poß kaum noch Chancen für ein Steuerabkommen mit der Schweiz, über das gegenwärtig verhandelt wird. „Das Klima für weitere Gespräche dürfte sich damit nachhaltig verschlechtert haben. Die Gefahr des Scheiterns ist jedenfalls gewachsen.“ Der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) drohte in der Zeitung „Die Welt“: „Die Haftbefehle gegen drei deutsche Steuerfahnder sind ein schlechtes Zeichen. Sie tragen nicht dazu bei, dass es ein Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz geben wird.“

Der Haftbefehl der Schweizer Justiz gegen deutsche Steuerfahnder stößt auch beim haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Carsten Schneider, auf Kritik. „Das ist keine juristische, sondern eine politische Auseinandersetzung auf dem Rücken von drei deutschen Steuerbeamten.“ Die SPD habe sich gegen das von Schäuble und der Schweiz ausgehandelte Abkommen ausgesprochen. „Und ich nehme das jetzt als einen Racheakt, um politischen Druck zu erhöhen«, sagte Schneider im Bayerischen Rundfunk.

„Wenn Herr Schäuble einen guten Draht in die Schweiz hat, was er immer behauptet, dann sollte er den nutzen“, sagte Schneider. Falls das nicht geschehe, solle Bundesaußenminister Guido Westerwelle mit dem Schweizer Botschafter sprechen. „Dass die Steuergerechtigkeit für uns Deutsche wichtig ist , das sollten auch die Schweizer wissen.

Wenn sie aus dem Geschäftsmodell, Steuerhinterzieher zu bevorteilen, aussteigen wollen, dann muss es aber auch dauerhaft sein und auch glaubwürdig.“ Der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) will auch künftig Steuer-CDs aus dem Ausland kaufen, wenn sie Daten über deutsche Steuerhinterzieher enthalten. „Wer die Gesellschaft um seinen Anteil an der Finanzierung betrügt, der macht sich strafbar“, sagte er der „Berliner Zeitung“. „Und er muss dann damit rechnen, dass wir versuchen, ihm auf die Schliche zu kommen. Die entsprechenden Informationen müssen wir uns bisher auch mit dem Ankauf von Daten-CDs beschaffen.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der „Bild“-Zeitung : „Die Bundesregierung muss die deutschen Steuerfahnder schützen und gegen die Schweizer Haftbefehle vorgehen. Die Regierung sollte die Steuerfahnder für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen. Sie haben sich mit dem Kampf gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung um den Rechtsstaat verdient gemacht.“ (dpa)

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