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Trump behauptet in der öffentlichen Auseinandersetzung, es handele sich eigentlich um eine Russland-Affäre.

© Reuters/ Kevin Lamarque

Anklagen in Russland-Affäre: Die Nervosität in Trumps Lager wächst

In den USA werden in der Russland-Affäre bereits am Montag erste Festnahmen erwartet. Es könnte eng werden für den Präsidenten.

Am merkwürdigsten ist die Vorsicht des Präsidenten. Donald Trump, der auf Twitter und vor den Kameras sonst alles Mögliche kommentiert, hält sich ausgerechnet beim heißesten Thema der US-Innenpolitik zurück. Der Staatschef vermeidet eine direkte Reaktion auf die Nachricht, dass Russland-Sonderermittler Robert Mueller genug Material für die ersten Anklagen beisammen hat.

Schon an diesem Montag könnte es Festnahmen von Verdächtigen geben, meldete der Nachrichtensender CNN. Manche deuten Trumps Verhalten als Zeichen der Panik. Fest steht, dass es ernst wird für den Präsidenten.

Mueller, ein Ex-Chef der Bundespolizei FBI, war im Mai vom Justizministerium als unabhängiger Sonderermittler eingesetzt worden. Er soll untersuchen, ob Trumps Wahlkampfteam 2016 mit russischen Regierungsstellen kooperierte, die zugunsten Trumps den Wahlkampf manipulieren wollten. US-Geheimdienste sind überzeugt, dass Moskau unter anderem abgefangene E-Mails an die Öffentlichkeit brachte, die Trumps Rivalin Hillary Clinton schlecht aussehen ließen.

Manafort und Flynn gelten als mögliche Beschuldigte

In den vergangenen Monaten haben Mueller und seine Ermittler Berge von Akten durchwühlt, Zeugen vernommen und mindestens in einem Fall eine Wohnung – die von Trumps ehemaligem Wahlkampfmanager Paul Manafort – durchsuchen lassen. Am Freitag soll ein von Mueller einberufener Geschworenen-Ausschuss in Washington die ersten Anklagen der Ermittler gebilligt haben. Gegen wen sie sich richten und warum, ist noch nicht bekannt. Manafort und Trumps ehemaliger Sicherheitsberater Michael Flynn gelten als mögliche Beschuldigte.

Dass der Vietnam-Veteran und frühere Staatsanwalt Mueller jetzt Anklagen erwirke, deute auf „wasserdichte“ Vorwürfe hin, freute sich eine Kampagne zur Amtsenthebung von Trump. Gegner des Präsidenten sind überzeugt, dass sich Trump von den Russen helfen ließ, um Clinton zu schaden.

Das könnte der Anfang vom Ende für den Präsidenten sein, hieß es bei Trumps Kritikern am Wochenende. Wie nah Mueller bei seinen Nachforschungen dem Staatschef selbst gekommen ist, gehört zu den wichtigsten offenen Fragen. Trumps Sohn Donald Jr., Schwiegersohn Jared Kushner und Manafort trafen sich im Juni 2016 im Trump Tower von New York mit einer russischen Anwältin, die belastendes Material über Clinton versprochen hatte.

Mueller ist in seinen Ermittlungen völlig frei

Einem Bericht der „New York Times“ vom Sonntag zufolge sagte die Anwältin Natalia Weselnitzkaja im Trump Tower, Clinton habe viel Geld von einer US-Firma erhalten, die in Russland mehrere Millionen Dollar an Steuern hinterzog. Trumps Sohn hat widersprüchliche Angaben gemacht; zumindest eine Stellungnahme, mit der die Bedeutung des Gesprächs heruntergespielt wurde, soll Trump Senior diktiert haben. Der Präsident ist auch wegen der Entlassung von FBI-Chef James Comey in Muellers Visier geraten: Der Ermittler geht der Frage nach, ob Trump damit die Russland-Untersuchungen des FBI behindern wollte.

Da Mueller in seinen Nachforschungen völlig frei ist, könnten sich die jetzt erwirkten Anklagen theoretisch auch auf mutmaßliche Straftaten beziehen, die nicht direkt mit der Russland-Affäre zusammenhängen. Allgemein wird erwartet, dass die erste handfeste juristische Aktion des Ermittlers der Russland-Akte gilt.

Sebastian Gorka, ein ehemaliger Berater von Trump, forderte bereits Muellers Entlassung. Ein solcher Schritt würde eine Verfassungskrise auslösen, weil er als Versuch des Präsidenten gesehen würde, die Aufdeckung mutmaßlich illegaler Machenschaften zu verhindern.

Nicht nur Gorkas Forderung deutet darauf hin, dass Trumps Lager nervös wird. Die Anhänger des Präsidenten verstärkten ihre Attacken auf Clinton: Sie – und nicht Trump – habe mit Russland kooperiert. Dabei geht es zum einen um einen Vertrag aus dem Jahr 2010, der einer russischen Firma den Zugang zu Uran-Bergwerken in den USA sicherte. Im Gegenzug habe Moskau viel Geld an die Stiftung von Clintons Mann Bill überwiesen. Die Beweislage der Clinton-Gegner ist dürftig.

Watergate-Journalist Bernstein warnt Trump vor Sabotage

Zudem verweist das Trump-Lager darauf, dass Clinton bei Privat-Ermittlern ein Dossier mit belastenden Informationen über Trump bestellte. Ein Teil davon kam aus Moskau: In Wahrheit sei es Clinton gewesen, die mit Russland mauschelte. Diesen Vorwurf bekräftigte Trump auch bei Twitter- am Sonntag.

Seine Kritik an Clinton begleitete er mit der erneuten Beteuerung, es habe keine Zusammenarbeit zwischen ihm und Russland gegeben. „Tut etwas“, schrieb er, ohne Mueller namentlich zu erwähnen. Vom Verhalten Trumps wird viel abhängen: Der Watergate-Journalist Carl Bernstein warnte Donald Trump schon jetzt davor, Muellers Ermittlungen zu "sabotieren"

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