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Politik: Annäherungsversuch

Im UN-Sicherheitsrat wird wieder über die Irak-Sanktionen verhandelt – Berlin will Washington entgegenkommen

Von Hans Monath

NACH DEM KRIEG IM IRAK

Gut einen Monat nach dem Ende der Kampfhandlungen im Irak bemühen sich die USA darum, mit den Vereinten Nationen (UN) wieder einen Konsens über die Nachkriegsordnung herzustellen. An diesem Freitag will die US-Regierung den Entwurf für eine Resolution vorlegen, mit der die Sanktionen gegen den Irak aufgehoben werden. Dabei kann Washington auf tatkräftige deutsche Unterstützung zählen, wie am Donnerstag in Regierungskreisen in Berlin versichert wurde.

Präsident George W. Bush kündigte auch die Aufhebung der US-Handelsbeschränkungen gegen den Irak an. Sein Außenminister Colin Powell signalisierte, dass seine Regierung den Streit um die Legitimation des Angriffs hinter sich lassen wolle. „Was geschehen ist, ist geschehen. Wir sprechen jetzt nicht mehr über Fragen des Krieges. Wir sprechen über den Frieden“, sagte er am Mittwoch nach einem Treffen mit UN-Generalsekretär Kofi Annan in New York. Powell sicherte den UN eine „vitale Rolle“ zu.

Die Bundesregierung will die Chance nutzen, sowohl das durch ihren Anti-Kriegs- Kurs beschädigte Verhältnis zu Washington zu stabilisieren als auch die Bedeutung der Vereinten Nationen wieder zu stärken. Man sei bemüht, einen „pragmatischen und konstruktiven Beitrag zu leisten, der die wichtige Rolle der UN festlegt“, hieß es in Regierungskreisen. Ein Entwurf der Resolution kursierte bereits am Donnerstag bei den UN. Danach sollen die Einkünfte aus irakischen Ölverkäufen nach der Aufhebung der Sanktionen zunächst in einen Wiederaufbaufonds eingezahlt werden.

Für wie wichtig beide Regierungen die Entscheidung im Sicherheitsrat halten, zeigt die Tatsache, dass über die Resolution nicht am Sitz der UN in New York, sondern direkt zwischen Washington und Berlin verhandelt wird. Obwohl die Mitglieder des Sicherheitsrats bislang über die Rolle der UN beim Wiederaufbau im Irak uneins waren, will Berlin dem US-Vorstoß mit tatkräftiger Unterstützung zum Erfolg verhelfen. Es sei schließlich „im Interesse aller Mitgliedsländer, dass die Aktionseinheit des Sicherheitsrats erhalten bleibt“, heißt es im Kanzleramt. Als unvorhersagbar gilt in Berlin allerdings, wie Paris auf den US-Vorschlag reagieren wird. Frankreich forderte bislang ebenso wie Russland eine zentrale Rolle der UN beim Wiederaufbau und verlangte, vor einer Aufhebung der Sanktionen müssten die UN-Waffeninspekteure bestätigen, dass sich im Irak keine Massenvernichtungswaffen mehr befinden. Nach Angaben von Diplomaten soll der Resolutionsentwurf dies aber nicht vorsehen.

Offen ist auch, wie die „vitale Rolle“ ausgefüllt wird, die Powell den UN zusichert. Im Resolutionsentwurf werden die Aufgaben der UN nicht näher definiert. Allerdings sollen die UN mit einem Vertreter in dem Gremium präsent sein, das die Einnahmen aus den Ölexporten des Iraks verwalten soll.

Der deutsche Wunsch, „in pragmatischer Weise“ die Grundlagen für den Wiederaufbau des Irak mit Beteiligung der Vereinten Nationen zu schaffen, ist als Hinweis zu lesen, dass Berlin zu Kompromissen bereit ist, solange die UN grundsätzlich im Spiel bleiben. Vor allem mit Blick auf das Verhältnis zu den USA war im Kanzleramt schon kurz nach dem Ende der Kämpfe im Irak versichert worden, man wolle nun keine „theologischen Debatten“ führen. Umgekehrt bemühte sich auch die amerikanische Seite um Entspannung.

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