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Netanjahu will rechte Wähler gewinnen.

© Ronen Zvulun/Reuters

Annektierung des Westjordanlands: Netanjahu begräbt die Zweistaatenlösung

Bei einem Wahlsieg will Netanjahu das Westjordanland zu israelischem Staatsgebiet erklären- und einen Palästinenserstaat unmöglich machen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Der Mann hat Chuzpe. Da wird ihm nichts Geringeres als Betrug, Bestechlichkeit und Untreue vorgeworfen. Und was macht Benjamin Netanjahu? Er geht am Ende des Wahlkampfs noch mal so richtig in die Vollen. Zeigt allen, dass er keine Grenzen kennt. Dass es ihn nicht schert, was die Welt da draußen für richtig oder falsch hält.

Der Premier will Premier bleiben. Dafür benötigt der 69-Jährige die Stimmen aus dem rechten Lager. Also gibt er vor allem den nationalistisch gesinnten Hardlinern das, was sie seit Jahren fordern, aber gegen das Völkerrecht verstößt: die Annexion von Teilen des seit 1967 besetzten Westjordanlands.

Dort lebt die Mehrheit der rund 600.000 jüdischen Siedler. Und dort verorten die Palästinenser das Herzstück ihres Staates, auf den sie schon seit Jahrzehnten vergeblich hoffen. Sollte Netanjahu mit seinem Versprechen ernst machen – an dieser Bereitschaft sollte niemand zweifeln –, dann ist die Zweistaatenlösung endgültig Geschichte.

Netanjahu war ohnehin nie deren Freund, sondern ihr Gegner. Nur durfte und wollte er das bisher nicht offen kundtun. Die Weltgemeinschaft erwartete schließlich, dass Israels Dauer-Regierungschef sich an diese Vorgabe hält.

 Rund 600.000 jüdische Siedler leben im Westjordanland und Ost-Jerusalem.
Rund 600.000 jüdische Siedler leben im Westjordanland und Ost-Jerusalem.

© Jim Hallander/dpa

Das tat Netanjahu auch, gleichwohl zähneknirschend und fest davon überzeugt: Mit Arabern, sprich, den Palästinensern kann es keinen echten Frieden geben. Doch diese Abwehrhaltung kaschierte der Premier stets mit ausweichenden Worten. Vor allem, weil lange Zeit die USA ihn zu einem Einvernehmen mit den Palästinensern drängten.

Barack Obamas Zeiten im Weißen Haus sind lange vorbei. Jetzt hat mit Donald Trump einer das Sagen, der ganz nach Netanjahus Geschmack ist. Amerikas Botschaft soll nach Jerusalem umziehen? Aber gerne! Israels Souveränität über die annektierten Golanhöhen anerkennen? Kein Problem!

Derart vom engsten Verbündeten bestärkt, fühlt sich Netanjahu nun stark genug, um das Westjordanland größtenteils zu israelischem Gebiet zu erklären. Und für jene, die es womöglich nicht wahrhaben wollen, formuliert Netanjahu unmissverständlich: Es wird kein palästinensischer Staat geschaffen.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas steht mit leeren Händen da.
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas steht mit leeren Händen da.

© Abbas Momani/AFP

Diese Schroffheit kann Palästinenserpräsident Mahmud Abbas kaum überraschen. Er und Netanjahu haben sich schon lange nichts mehr zu sagen. Beide verbindet allein gegenseitige Abneigung. Und beide trauen einander nicht über den Weg. So ist aber kein Einvernehmen herstellbar, geschweige denn Frieden.

Israels Linke? Zusammengeschrumpft

Der interessiert Netanjahu und viele Israelis ohnehin allenfalls marginal. Sie glauben, dass sich das Palästinenser-Problem auf Dauer managen lässt. Warum also eine Zweitstaatenlösung, wenn es der Status quo auch tut? Die Bedenken der auf Überreste zusammengeschrumpften israelischen Linken fallen da kaum ins Gewicht.

Und Trump, der selbsterklärte Dealmaker, hat nicht erkennen lassen, dass ihn das Schicksal der Palästinenser sonderlich interessieren würde. Mit ihm scheint auch kein richtiger Staat zu machen zu sein. Abbas und die Autonomiebehörde stehen also mit leeren Händen da. Schlimmer noch: In absehbarer Zeit wird sich daran wohl nichts ändern.

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