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Weil ihre Gemeinderäume zerstört sind, müssen die Gläubigen der Koca Sinan Moschee in Berlin-Reinickendorf draußen beten.

© Inke Kappeler/Reuters

Anschläge in Deutschland: Wo bleibt der Aufschrei, wenn Moscheen brennen?

Am Wochenende wurden auf drei Moscheen Anschläge verübt. Die Schlagzeilen beherrschten andere Themen. Etwa, weil es "nur" Moscheen sind? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Auf mindestens drei Moscheen wurden am Wochenende in Deutschland Anschläge verübt – auch in Berlin. Gezielt sind Gottes- und Gebetshäuser angegriffen worden. Damit galten die Anschläge auch unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung, in der das Recht auf freie Religionsausübung als Menschenrecht verankert ist. Doch der Aufschrei blieb aus. Die Verbrechen wurden zwar registriert, aber die Schlagzeilen der Zeitungen vom Montag beherrschten andere Themen.

Man stelle sich vor, drei Kirchen hätten gebrannt oder drei Synagogen. Wahrscheinlich hätte es Sondersendungen gegeben, große Reportagen und Leitartikel. Außerdem wäre jeder Versuch barsch zurückgewiesen worden, die Taten zu rationalisieren oder gar zu rechtfertigen. Wurden die Anschläge auf Synagogen von Palästinensern verübt, um auf die Malaise im Gazastreifen aufmerksam zu machen? Auf solche Fragen hätte die Antwort zu Recht gelautet: Kann sein, ändert aber nichts am Charakter des Verbrechens. Wer in Deutschland die Lunte an Synagogen, Kirchen oder Moscheen legt, nimmt Gläubige in Sippenhaft, versündigt sich an der Idee eines friedlichen Miteinanders.

Wer Gott und Glauben schändet

Solche Reflexe gab es diesmal nur vereinzelt. Weil es „nur“ Moscheen waren? Weil als Täter über radikale Kurden spekuliert werden konnte, die sich für die türkische Offensive gegen die in Syrien gelegene kurdische Stadt Afrin rächen wollen? Weil der Moscheeverein Ditib vom türkischen Außenministerium kontrolliert wird? Jedes Einbetten in größere Zusammenhänge hätte erneut nur diese eine Antwort verdient: Kann sein, ändert aber nichts am Charakter des Verbrechens.

Es wäre fatal, wenn der Gewöhnungsprozess an Moschee-Schändungen, ergänzt durch eine womöglich kurdische Täterschaft, weitergeht. Laut Bundesinnenministerium gab es 2017 mindestens 960 Angriffe auf Muslime und muslimische Einrichtungen, 33 Menschen wurden verletzt. In den meisten Fällen waren die Täter Rechtsextreme. Vor etwas mehr als einer Woche wurde die Fatih-Moschee in Bremen zum wiederholten Mal geschändet. Die Täter sprühten islamfeindliche Parolen an die Wand. Es muss längst nicht mehr heißen „Wehret den Anfängen!“, sondern „Wehret der ungebremsten Enthemmung!“.

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