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Ein Soldat flüchtet nach einem Angriff während einer Militärparade mit einer Familie.

© Mehdi Pedramkhoo/Mehr News Agency/AP/dpa

Anschlag im Iran auf Revolutionsgarden: Tödlicher Funke für die Golf-Region

Ein tödlicher Anschlag im Iran facht die Spannungen am Golf gefährlich an. Teheran macht Saudi-Arabien und die USA für die Gewalttat verantwortlich.

Nach dem Tod von mindestens 25 Menschen bei einem Anschlag auf die iranischen Revolutionsgarden eskalieren die Spannungen in der Golf-Region. Die Gewalttat in der südwestlichen Stadt Ahwas könnte wie ein Funke wirken: Aus Sicht der Regierung in Teheran steht fest, dass der regionale Rivale Saudi-Arabien seine Hand im Spiel hatte. Schon vor dem Anschlag bildeten der Stellvertreterkrieg zwischen Teheran und Riad im Jemen, der iranische Einfluss im Irak und in Syrien sowie der wachsende wirtschaftliche Druck der USA auf den Iran eine hochgefährliche Mischung. Diese könnte jetzt bis zu militärischen Auseinandersetzungen mit Beteiligung Amerikas eskalieren.

Der Anschlag war einer der schwersten im Iran in der jüngeren Vergangenheit. Im Jahr 2017 hatten Anhänger des Islamischen Staates (IS) in Teheran das iranische Parlament und das Mausoleum des Revolutionsführers Ruhollah Khomeini angegriffen. Damals kamen 18 Menschen ums Leben.

Im Fall Ahwas werden auch andere westliche Staaten von Teheran beschuldigt, indirekt Mitverantwortung für den Tod der Menschen zu tragen. Die iranische Regierung bestellte die Botschafter von Dänemark, den Niederlanden und Großbritannien ein. Die Führung in Teheran wirft den Ländern vor, sie hätten Terroristen Zuflucht gewährt, die in den Anschlag verwickelt gewesen sein sollen.

Doch der Zorn der Führung richtet sich vor allem gegen die regionalen Rivalen des Iran. Ahwas liegt im Westen des Landes und ist die Hauptstadt der ölreichen Region Chuzestan. Die tödlichen Schüsse fielen während eines Aufmarsches zum Gedenken an den Beginn des achtjährigen Krieges mit dem Nachbarland Irak im Jahr 1980.

Das Ziel des Anschlags verdeutlicht, dass es den Tätern und deren mutmaßlichen Hintermännern um das iranische Regime an sich ging: Die Revolutionsgarden bilden die mächtigste militärische Streitmacht im Land und unterstehen direkt Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei.

Die iranische Führung veröffentlichte bald nach dem Attentat mit Vorwürfen an Riad

Wenige Stunden, nachdem die Attentäter das Feuer auf die Soldaten und auf Schaulustige eröffnet hatten, ging die iranische Führung mit den Vorwürfen in Richtung Riad an die Öffentlichkeit. Anfängliche Beschuldigungen gegen den Islamischen Staat wichen bei iranischen Politikern und Medien rasch der Einschätzung, dass die Bluttat einen regionalpolitischen Hintergrund gehabt haben muss.

Als Schuldige für das Blutvergießen kommen aus Sicht Teherans vor allem Organisationen in Frage, die von Saudi-Arabien unterstützt werden. So wurden in iranischen Medien die Bekenntnisse von arabisch-separatistischen Gruppen zitiert: Diese hätten als Extremisten der sunnitischen Minderheit im Iran den Kampf gegen die Sicherheitskräfte in dem überwiegend schiitischen Land aufgenommen.

Ob die zitierten Bekenntnisse echt sind oder nicht, ist fast schon Nebensache: In einer Stellungnahme nach der anderen beschuldigte die iranische Regierung die Partner der USA am Golf und Washington selbst. Khamenei sprach von „Staaten in der Region, die Marionetten der USA“ seien – und meinte damit Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (UAE). Präsident Hasan Ruhani betonte, die USA würden ihre „aggressive Haltung“ noch bereuen.

Hinweise auf diese „aggressive Haltung“ der USA und ihrer Partner am Golf gibt es aus iranischem Blickwinkel heraus genug. Präsident Donald Trump überzieht den Iran mit Wirtschaftssanktionen. Seine Politik zielt auf eine Ablösung des Mullah-Regimes, auch wenn diese Absicht mit dem Hinwies auf die Gefahren durch das iranische Atomprogramm bemäntelt wird. Der saudische Thronfolger Mohammed bin Salman stellte Khamenei im vergangenen Jahr auf eine Stufe mit Adolf Hitler und kündigte einen Machtkampf mit Teheran an, der „im Iran“ stattfinden werde. Beide fühlen sich vom Gegenüber in die Zange genommen. Im Jemen kämpfen die Saudis gegen die mit dem Iran verbündete Gruppe der Huthis. Riad betrachtet mit Sorge, dass der Iran seine Rolle im Irak und in Syrien systematisch ausbaut: Diese Entwicklungen könnten das saudische Königreich im Süden und Norden unter Druck setzen. Umgekehrt sieht sich der Iran an seiner Südwestgrenze durch Saudi-Arabien, die UAE und die amerikanische Militärpräsenz bedroht, während im östlich gelegenen Afghanistan Amerikaner und andere westliche Staaten aktiv sind. Thomas Seibert

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