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Rückkehr zur Normalität. Während der mutmaßliche Bombenleger Dschochar Zarnajew verhört wird, kehrt in einem Einkaufszentrum in der Nähe des Anschlagsortes der Alltag ein.

© AFP

Anschlag von Boston: Der amerikanische Student

Nach der Festnahme des Boston-Attentäters Dschochar Zarnajew versuchen Ermittler nun die Hintergründe zu klären. Wie konnte sich der 19-Jährige radikalisieren?

Mehr als eine Woche nach den Bombenanschlägen auf den Boston-Marathon laufen die Ermittlungen über die Täter und ihre Geschichte auf Hochtouren. Im Mittelpunkt der Untersuchungen stehen nach wie vor die Frage nach Hintergründen und das Rätsel, wie vor allem der überlebende jüngere Attentäter, der fest in der amerikanischen Kultur verwurzelt schien, derart grausam handeln konnte.

Der 19-jährige Dschochar Zarnajew, der seit seiner Festnahme am Freitag schwer verletzt in einem Krankenhaus liegt, kommuniziert mittlerweile schriftlich mit den Ermittlern. Dschochar nannte inzwischen die US-Militäreinsätze in Afghanistan und im Irak als Motiv für den Bombenanschlag. Nach ersten Informationen belastet er in erster Linie seinen älteren Bruder Tamerlan. Der soll bei der Vorbereitung und Ausführung der Anschläge der Anführer gewesen sein. Diese Ansicht bestätigen auch Zeugen, die beide Brüder kannten.

Der ältere Bruder soll sich in den vergangenen fünf Jahren radikalisiert haben

Nach Interviews mit Familienmitgliedern der Täter gehen Ermittler bisher davon aus, dass eine Radikalisierung von Tamerlan Zarnajew in den vergangenen fünf Jahren stattgefunden habe. Ruslan Tsarni, der Onkel der Zarnajew-Brüder, der schon früh an seinen jüngeren Neffen appellierte, sich der Polizei zu stellen, sagte amerikanischen Medien, dass Tamerlan ab 2009 begonnen habe, „radikalen Unsinn“ zu erzählen. Auch seine Mutter Subeidat bestätigt, dass ihr Sohn damals begonnen habe, sich mehr für Religion zu interessieren.

Während der ältere Bruder Tamerlan dem Alkohol entsagte und das Boxen aufgab, lassen Einträge seines Bruders in sozialen Netzwerken darauf schließen, dass der sich in seiner Rolle als amerikanischer Student wohlfühlte. „Miss Amerika ist so sexy“, heißt es da, und „Ich bin der beste Bier-Pong-Spieler in Cambridge“ – Einträge, wie sie wohl von jedem 19-Jährigen stammen könnten.

Russland weist Vermutungen zurück, die Brüder hätten Kontakt zu russischen Terrorgruppen gehabt

Während Dschochar nun die einzige Informationsquelle für die Behörden ist, gilt das Hauptinteresse wohl seinem toten Bruder – zumal am Dienstag bekannt geworden war, dass im September 2011 Tamerlan Zarnajews bester Freund, Brendan Mess, und zwei weitere Personen brutal getötet wurden. Alle drei wurden mit aufgeschlitzter Kehle gefunden. Zarnajew gilt dabei jetzt als Verdächtiger.

In Russland wies unterdessen der Innenminister der Teilrepublik Dagestan, Abduraschid Magomedow, Vermutungen westlicher Medien zurück, dass die Bombenleger von Boston Kontakt zu Terrorgruppen im russischen Nordkaukasus gehabt hätten. Tamerlan und Dschochar Zarnajew hätten keiner der lokalen Gruppen angehört und zu diesen auch keine Kontakte unterhalten.

Derzeit bemühen sich US-Diplomaten in Dagestans Hauptstadt Machatschkala um einen direkten Kontakt zu den Eltern der Attentäter, wie die Nachrichtenagentur RIA Nowosti unter Berufung auf die US-Botschaft in Moskau meldete. Tamerlan ist nach den Worten von dessen Vater Ansor Zarnajew im letzten Jahr für ein paar Tage in Dagestan gewesen und hat dort einen russischen Pass beantragt. Bevor über den Antrag entschieden wurde, habe er jedoch die Rückreise in die USA angetreten. Zu Dschochar hat die Familie angeblich keine Kontakte.

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