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Anschlagsgefahr: Von Nord-Wasiristan bis Berlin

Geheimdienste fürchten Anschläge im Zusammenhang mit der Afghanistan-Entscheidung im Bundestag.

Von Frank Jansen

Die Gefahr eines islamistischen Anschlags bleibt in Deutschland nach Einschätzung von Verfassungsschützern unvermindert hoch. Auch nach der Bundestagswahl im September, vor der die islamistische Terrorszene mehrere Drohungen gegen die Bundesrepublik ausgestoßen hatte, „sind wir weiterhin im Zielspektrum“, sagte am Donnerstagabend der hochrangige Verfassungsschützer Hans-Georg Engelke bei einem Symposium zum islamistischen Terrorismus, das der Thüringer Verfassungsschutz in Erfurt veranstaltete. Auch wenn bislang keine Anschläge auf das „Propagandatrommelfeuer“ gefolgt seien, mit denen Al Qaida und andere Terroristen Deutschland einschüchtern wollten, „ist die Gefahr nicht vorbei“, betonte Engelke, der im Bundesamt für Verfassungsschutz die Abteilung leitet, die sich mit islamistischem Terrorismus auseinandersetzt.

Engelke warnte vor einer weiteren „Gefährdungsspitze“, wenn im Dezember der Bundestag über eine Verlängerung des Einsatzes der Bundeswehr in Afghanistan entscheiden wird: Al Qaida und weitere Gruppierungen hielten an ihrer Strategie fest, mit Anschlägen den Abzug der deutschen Soldaten aus dem Land am Hindukusch zu erzwingen.

Der Verfassungsschützer zeigte sich erleichtert, dass bei der letzten Gefährdungsspitze, den Feierlichkeiten in Berlin zum 20. Jahrestag des Mauerfalls, ein Angriff islamistischer Terroristen ausgeblieben war.

Als aktuellen Beleg für die anhaltende Gefahr nannte Engelke die jüngste Internetbotschaft der „Islamischen Bewegung Usbekistan“ (IBU), die wie Al Qaida von der pakistansich-afghanischen Grenze aus agiert. Die IBU hatte in dieser Woche eine Fotoserie veröffentlicht, in der ein Bild zwei aus Deutschland stammende schwer bewaffnete Gotteskrieger zeigt. Unter dem Foto steht: „Vorwärts, deutsche Mudschahidin“. Vermutlich handelt es sich um einen Islamisten aus Bonn und einen aus Hamburg. Andere Bilder zeigen, so behauptet es die IBU, enthauptete Soldaten der pakistanischen Armee.

Der IBU haben sich, wie auch der kleineren usbekischen Vereinigung „Islamische Dschihad-Union“, mehrere deutsche Islamisten angeschlossen. Die Dschihad-Union hatte die Mitglieder der Sauerlandgruppe nach Deutschland geschickt, um Anschläge zu verüben.

Gegen vier Männer der Sauerlandgruppe verhandelt derzeit das Oberlandesgericht Düsseldorf. Die Angeklagten haben gestanden, in Deutschland Anschläge auf amerikanische Einrichtungen vorbereitet zu haben.

Die beiden usbekischen Vereinigungen könnten offenbar auch für die Einheiten der Bundeswehr in Afghanistan zunehmend gefährlich werden – obwohl die Soldaten im Norden des Landes stationiert sind und damit weit weg von den Zentralen der IBU und der DschihadUnion in der pakistanischen Grenzregion Nord-Wasiristan.

Es gebe Anhaltspunkte, dass Al Qaida im Norden Afghanistans von IBU und Dschihad-Union unterstützt würden, sagte Heiner Wegesin, der beim Bundesnachrichtendienst die für die Beobachtung des islamistischen Terrorismus zuständige Abteilung leitet, bei dem Symposium in Erfurt. Wegesin warnte, die usbekischen Terrororganisationen und Al Qaida verfügten über mehrere Dutzend Spezialisten für den Umgang mit Sprengstoffen und Leute, die bei weiteren Terroraktionen den Taliban „zur Hand gehen“ könnten.

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