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Anti-Rassismuskonferenz: Hass nach Drehbuch

Was zu erwarten war: Irans Präsident Ahmadinedschad nennt Israels Regierung auf der UN-Konferenz in Genf "rassistisch". Deutschland boykottiert die Konferenz bislang - was nicht ohne Kritik bleibt.

Genf/Berlin - Das Schauspiel lief wie erwartet ab. Irans Präsident Mahmut Ahmadinedschad hat zum Auftakt der UN-Antirassismuskonferenz Israel wüst beschimpft. Daraufhin verließen die Vertreter der EU-Länder geschlossen den Saal im Genfer UN-Gebäude. Ahmadinedschad sagte, dass unter dem Vorwand des Leidens des jüdischen Volkes die Palästinenser aus ihrem eigenen Land gejagt worden seien. In der Folge hätten „die Zionisten ein rassistisches Regime“ errichtet, das die Palästinensergebiete beherrsche. Israel nannte Ahmadinedschad nicht beim Namen.

Deutschland war der Konferenz von vorneherein ferngeblieben, weil es antisemitische Aussagen des iranischen Präsidenten fürchtete, schloss aber eine spätere Teilnahme bei „positivem Verlauf“ nicht aus. Auch die USA boykottieren die Konferenz, die untersuchen soll, welche Beschlüsse der ersten UN-Tagung gegen Rassismus, die 2001 im südafrikanischen Durban stattfand, durchgesetzt wurden. Frankreich protestierte gegen die Äußerungen Ahmadinedschads, der Israel als das „grausamste und rassistischste Regime“ bezeichnete, das die besetzten Palästinensergebiete beherrsche. Präsident Nicolas Sarkozy sprach von einer „Hassrede“.

Nach Angaben der EU-Kommission nehmen 23 von 27 EU-Staaten an der Konferenz teil. Nichtteilnehmer sind Deutschland, Italien, Polen und die Niederlande. Die EU-Kommission selbst sei bei der Konferenz als „Beobachter“ vertreten. Aus Sicht der Kommission wurden die „roten Linien“ der Europäischen Union bei der Vorbereitung der Konferenz beachtet, sagte die Sprecherin von Außenkommissarin Benita Ferrero- Waldner. In der jüngsten Fassung des umstrittenen Dokuments konnten die Europäer viele ihrer Ziele durchsetzen: Israel wird nicht namentlich erwähnt. Die Erinnerung an den Holocaust wird festgeschrieben. Die islamischen Staaten ließen ihre Forderung fallen, die „Verleumdung des Islam“ unter Strafe zu stellen. Die afrikanischen Staaten verzichteten darauf, Entschädigung für die Sklaverei zu fordern.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich bei der Eröffnung in Genf „tief enttäuscht“ von den Absagen. „Wir bleiben schwach und geteilt“, sagte Ban bei der Eröffnung der Konferenz.

Auch die außenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen, Kerstin Müller, kritisiert die Entscheidung der Bundesregierung. Es sei „einmalig“, dass Deutschland einer Konferenz der Vereinten Nationen fernbleibt. Damit schade Deutschland der Menschenrechtsdebatte und schwäche langfristig auch seine Position in der UN, sagte Müller dem Tagesspiegel. Der letzte Entwurf für die Abschlusserklärung zeige, dass der Druck der Europäer „sehr viel verändert hat“. Das jetzige Dokument sei „kein Grund, die Konferenz zu boykottieren“. Damit überlasse man das Forum nur den Holocaust- Leugnern. Der Vizefraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, kritisierte es als „bizarr“, wie das Auswärtige Amt vom Kanzleramt gezwungen worden sei, „einen jahrelang bewährten Kurs in der Menschenrechtspolitik“ aufzugeben. Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte erst am Sonntagabend das Fernbleiben Deutschlands verkündet. Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, begrüßte dagegen die Entscheidung der Bundesregierung und sprach von einem „mutigen Schritt“. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Eckart von Klaeden, erklärte, Deutschland „zeigt Flagge – durch Fernbleiben“.

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