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Anti-Terror-Gesetz: Schlappe für Tony Blair

Diese Unterhaussitzung wird Tony Blair sicher noch lange in Erinnerung bleiben. Der britische Premierminister hat am Mittwoch nicht nur eine Abstimmung verloren, sondern auch einen Teil seiner Autorität.

London - Blairs leidenschaftlichen Appelle, harschen Warnungen und beängstigenden Bedrohungsszenarien konnten die Rebellen unter den Labour-Hinterbänklern nicht überzeugen. 49 stimmten gegen den Entwurf für das verschärfte Anti-Terror-Gesetz ihrer eigenen Regierung - und damit gegen ihren Premierminister, der erst im Mai zum dritten Mal in Folge als Wahlsieger gefeiert worden war.

Der Lack ist ab bei dem Mann, der 1997 die 18 Jahre dauernde Herrschaft der Konservativen durchbrach und Labour zu überwältigenden Wahlsiegen verhalf. Seine Modernisierung der Partei unter dem Schlagwort New Labour und sein marktwirtschaftlicher Reformkurs passt den Linken schon seit langem nicht mehr. Mindestens 20 Labour-Aufstände gegen Blairs Politik zählte die Boulevardzeitung «The Sun» seit Mai.

Doch Downing Street wollte von einem Verlust an Vertrauen nichts wissen. Dies sei keine Vertrauensabstimmung gewesen, hieß es in einer ersten Reaktion. «Ich denke nicht, dass das eine Frage von Autorität war», sagte Blair am Abend. Forderungen der Opposition nach seinem Rücktritt wies er zurück. «Ich werde nicht zurücktreten», sagte Blair. Er glaube weiterhin, dass seine Position, die Frist zur Inhaftierung von Terrorverdächtigen ohne förmliche Anschuldigung von 14 auf 90 Tage zu verlängern, richtig ist. «Manchmal ist es besser zu verlieren und das Richtige zu tun als zu gewinnen und das Falsche zu tun.»

Doch glauben auch die anderen an das, was Blair für richtig hält? Seit seinem engagierten Eintreten für den Irak-Krieg hat Blairs Glaubwürdigkeit stark gelitten. David Davis, Kandidat für den Vorsitz der konservativen Torys, sagte in der Parlamentsdebatte, Blair sei heute so überzeugt von seiner Sache wie damals, als er glaubte, der Irak besitze Massenvernichtungswaffen - beides sei falsch.

Dem Premier steht in seinen letzten Amtsjahren noch ein holpriger Weg bevor. Er hat sich vorgenommen, das Gesundheitswesen, das Bildungssystem und den Sozialsektor zu reformieren - Themen, bei denen er auch in den eigenen Reihen deutlichen Gegenwind spürt.

Dazu sind viele Labour-Mitglieder verärgert über die Arroganz und Selbstherrlichkeit, mit der die Blair-Regierung nach ihrer Meinung Entscheidungen trifft, um sie dann im Parlament durchzuboxen. Sie fühlen sich als Stimmvieh missbraucht. Ein etwas einseitiger Fragebogen zum Anti-Terror-Gesetz wurde von einem Mitglied als «schamloser Versuch» bezeichnet, Unterstützung zu bekommen für die Missachtung des parlamentarischen Willens durch den Premierminister. So unterstrichen etliche Kommentatoren am Mittwochabend, diese Abstimmung sei zwar eine Niederlage für Blair, aber vor allem auch ein Sieg für die parlamentarische Demokratie. (Von Patrick T. Neumann, dpa)

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