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Im Camp 6 ist der Aufstand ausgebrochen. Dort leben Gefangene mit einer geringeren Sicherheitsstufe, die gemeinsam ihren Alltag organisieren und nicht ständig von Wachen überwacht werden.

© dpa

Anti-Terror-Politik der USA: Gefangenenaufstand im US-Lager Guantanamo

Seit Monaten sind Häftlinge im amerikanischen Militärcamp auf Kuba im Hungerstreik. Was die Eskalation ausgelöst hat, ist zwischen der Gefängnisleitung und den Anwälten der Insassen umstritten.

In Guantanamo, dem Gefangenenlager des US-Militärs für Terrorverdächtige auf Kuba, hat es am Sonnabend einen Aufstand gegeben. Die Wachen gewannen erst nach mehrstündigem Handgemenge die Kontrolle zurück. Dabei feuerten sie nach Militärangaben vier Gummigeschosse auf rebellierende Insassen. Auf beiden Seiten habe es leicht Verletzte gegeben, sagte ein Militärsprecher.

Der Eskalation war ein mehrwöchiger Hungerstreik zahlreicher Gefangener vorausgegangen. Eine Delegation des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hatte am Freitag eine dreiwöchige Inspektion beendet, aber offenbar keine Entspannung erreicht. Die Gewalt brach direkt nach der Abreise der Delegation aus. Nun will das IKRK rasch wieder Beobachter nach Guantanamo schicken.

Die Angaben des Militärs und der Anwälte der Gefangenen über das Ausmaß des Hungerstreiks und des Aufstands gehen auseinander. Offenbar betrachten beide Seiten die Aktionen der Gegenseite als gezielte Provokationen und reagieren jeweils mit Härte statt Deeskalation.

Der organisierte Hungerstreik hatte im Februar begonnen. Nach Angaben von Anwälten ist der Protest Folge der wachsenden Frustration, dass die Schließung des Lagers, die Präsident Barack Obama 2009 versprochen hatte, nicht vorankommt und schon lange keine der als ungefährlich eingestuften Insassen mehr entlassen worden sind. Der Großteil der 166 Männer ist dort seit mehr als zehn Jahren gefangen. Als Auslöser kam ein Konflikt um Durchsuchungen der Wohnbereiche hinzu, bei denen auch Korane auf versteckte Papiere untersucht wurden. Gefangene sehen das als Entweihung. Das Militär versichert, dass nur Muslime, die als Übersetzer arbeiten, die Korane anfassen dürften, und hält den Vorwurf für „eine Lüge im Propagandakrieg“. Nach Darstellung des Militärs sind 43 Insassen in den Hungerstreik getreten. Anwälte sagen, die „Mehrheit“ der 166 Gefangenen beteilige sich.

Zentrum des Hungerstreiks und des Widerstands ist Camp 6: ein Bereich mit geringen Sicherheitsauflagen, wo die Gefangenen unter sich leben, die Türen nicht verriegelt werden und Wachen nicht regelmäßig präsent sind. Die Gefangenen hätten die Beobachtungskameras verdeckt und die Fenster verhängt, begründete Lagerkommandant Admiral John Smith den Befehl, am Samstag früh „die Ordnung wiederherzustellen“ und Insassen, die Widerstand leisten, in Einzelzellen zu verlegen. Die Wachen seien nach Betreten der Räume mit Besenstielen und Wischmopps angegriffen worden.

Am Freitag wurde zudem bekannt, dass zahlreiche E-Mails angeklagter Gefangener und ihrer Anwälte auch an die Anklage weitergeleitet worden waren. Als Ursache wurde ein Computerfehler angegeben.

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