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Anwälte stellen Antrag: Plädoyers im NSU-Prozess in München verzögern sich

Die Bundesanwaltschaft will nicht, dass ihr Plädoyer aufgezeichnet wird. Zur Stunde ist unklar, wie es heute in München weitergeht.

Von Frank Jansen

Der Beginn der Plädoyers im NSU-Prozess am Oberlandesgericht München verzögert sich und wird möglicherweise diesen Mittwoch nicht mehr stattfinden. Der Vorsitzende Richter, Manfred Götzl, gewährte am Mittag den Verteidigern des Angeklagten Ralf Wohlleben die geforderte zweistündige Unterbrechung bis 14 Uhr. In dieser Zeit wollen die Anwälte einen „prozessualen Antrag“ vorbereiten.

In der Vergangenheit folgte nach solchen Ankündigungen häufig ein Befangenheitsantrag gegen Götzl oder auch gegen den gesamten 6. Strafsenat. Sollten Wohllebens Anwälte ein Ablehnungsgesuch gegen einen oder mehrere Richter stellen, wäre das Plädoyer der Bundesanwaltschaft für diese Woche wahrscheinlich hinfällig.

Der Schlussvortrag der Anklagebehörde wird mit Spannung erwartet

Die Verteidiger stört, dass der Strafsenat den am Dienstag von mehreren Anwälten gestellten Antrag abgelehnt hat, das Plädoyer der Bundesanwaltschaft per Tonband aufzuzeichnen. Götzl trug vor, die Aufnahme des Vortrags der Ankläger gegen deren Willen wäre eine Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts. Die Bundesanwaltschaft ist dagegen, dass ihr Plädoyer aufgezeichnet wird. Götzl hielt den Anwälten auch vor, sie seien erfahren genug, um den Vortrag mitzuschreiben. Die Bundesanwaltschaft hatte angekündigt, ihr Plädoyer werde etwa 22 Stunden dauern.

Der Schlussvortrag der Anklagebehörde wird mit Spannung erwartet. Die für Journalisten und Zuschauer vorgesehene Tribüne im Saal A 101 ist komplett gefüllt. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth und zwei weitere Grünen-Abgeordnete sind gekommen. Der Beginn der Plädoyers sei nach mehr als vier Jahren Prozess „ein historischer Moment“, sagte Roth vor Beginn der Sitzung. Richter Götzl hatte am Dienstag, es war der 373. Tag der Hauptverhandlung, die Beweisaufnahme geschlossen und überraschend
gleich für diesen Mittwoch den Schlussvortrag der Bundesanwaltschaft angekündigt. Vermutlich werden die drei Staatsanwälte zu dem Ergebnis kommen, ihre Anklageschrift habe sich in allen Punkten bestätigt und die Angeklagten seien entsprechend zu bestrafen.

Die vier männlichen Mitangeklagten sollen dem NSU geholfen haben

Die Bundesanwaltschaft wirft der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vor, sie sei bei den zehn Morden der Terrorzelle NSU sowie den weiteren Verbrechen die Mittäterin gewesen. Die vier männlichen Mitangeklagten sollen dem NSU geholfen haben.

Die Angeklagten Wohlleben und Carsten S. haben laut Anklage die Pistole Ceska 83 beschafft, mit der die Neonazis Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos acht Türken und einen Griechen erschossen. Carsten S. hat ein umfassendes Geständnis abgelegt und Wohlleben belastet. Dieser streitet jede Verantwortung ab.

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