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Willkommen in Tröglitz. In der sachsen-anhaltischen Gemeinde wurde am Montagabend ein Benefizabend für Flüchtlinge organisiert.

© Hendrik Schmidt/dpa

Appell für neue Flüchtlingspolitik: "Gegen die Normalität rassistischer Hetze"

"Wir sind viele: Für das Recht zu kommen und zu bleiben" - unter diesem Motto fordern kurz vor dem Evangelischen Kirchentag mehr als 150 Initiativen und Einzelpersonen eine Willkommenskultur in Deutschland.

Von Matthias Meisner

Prominente Kirchenvertreter, Diakonie, Pro Asyl und zahlreiche weitere Initiativen setzen sich in einem Appell "Wir sind viele" gegen die "Normalität rassistischer Hetze und Bedrohungen" ein. Die rund 150 Unterzeichner des Aufrufs wollen signalisieren, dass Flüchtlinge in Deutschland geschützt und unterstützt werden müssen. Mehr als 150 Initiativen und Einzelpersonen tragen die Initiative mit, unter anderem die Amadeu-Antonio-Stiftung, der Jesuitenflüchtlingsdienst und der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD).

"Anstelle von offenen Armen und Hilfe erleben viele Flüchtlinge in Deutschland rassistische Stimmungsmache, Massenunterkünfte in Turnhallen, Aufmärsche von Neonazis, bis hin zu offenen Gewalt", heißt es in dem Appell, der am Dienstag vor Beginn des Evangelischen Kirchentages in Stuttgart veröffentlicht wurde. Die Unterzeichner sprechen von einer "bedrohlichen ,Nein zum Heim'-Stimmung". In Deutschland sei "das Ja zum Recht der Flüchtlinge zu kommen, zu bleiben und geschützt zu sein, bislang zu leise und zu wenig sichtbar".

Konkret fordert die Initiative "Wir sind viele", die Deutschen auf, Deutschkurse anzubieten, Kleidung und Spenden zu sammeln, Geflüchtete ehrenamtlich zu Behörden und Ämtern zu begleiten. Geflüchtete sollten im Kirchen- und Gemeindeasyl vor Abschiebungen geschützt werden. Weiter heißt es: "Wir sind viele, die sich Neonazi-Aufmärschen vor Flüchtlingsunterkünften entgegenstellen." Und: "Wir sind viele, die gegen Pegida- und HoGeSa-Aufmärsche auf die Straße gehen." Von Behörden und Politik fordern die Unterzeichner eine humanitär ausgerichtete Flüchtlingspolitik, dezentrale Unterbringungsmöglichkeiten anstelle von Sammelunterkünften und umfassende Hilfsangebote.

Gestartet wurde die Initiative von der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste und der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus. Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, erklärte mit Blick auf die Brandstiftung im April in Tröglitz in Sachsen-Anhalt: "Tröglitz ist leider kein Einzelfall. Wir wissen aus der praktischen Arbeit, dass sowohl Ehrenamtliche als auch Hauptamtliche in der Flüchtlingsarbeit vielerorts Anfeindungen erleben." Mit dem Aufruf solle auch denjenigen der Rücken gestärkt werden, die wegen ihres Engagements angefeindet und bedroht würden.

Andere Unterzeichner unterstrichen die Forderung nach einer humanitären Flüchtlingspolitik, für die bis zum Weltflüchtlingstag am 20. Juni viele weitere Unterzeichner gewonnen werden sollen. Landesbischof Gerhard Ulrich von der Nordkirche sagte: "Wir wollen mit dem Appell das Netzwerk der Hilfe, des Willkommens und der Unterstützung für Flüchtlinge überall in Deutschland stärken und sichtbarer machen."

Benefizkonzert für Flüchtlinge in Tröglitz

In Tröglitz, wo Unbekannte Anfang April eine fast fertiggestellte Flüchtlingsunterkunft angezündet hatten, besuchten am Montagabend rund 450 Menschen einen Benefizabend für Flüchtlinge. Mehrere Gospelsänger und Chöre sangen im Kulturzentrum und warben um Solidarität mit Asylbewerbern. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte auf der Bühne, jeder müsse in seinem Umfeld gegen alltägliche Intoleranz vorgehen. Hilfe für Asylsuchende sei eine gemeinsame Herausforderung. Bald sollen die ersten Flüchtlingsfamilien im Ort eintreffen. Sie sollen in einzelnen, neu angemieteten Wohnungen leben.

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