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Politik: Applaus für und gegen Akws Energiethema beherrscht den Kirchentag

Dresden – „Waschen statt duschen“ steht auf einem der grünen Zettel, die Kirchentagsgäste an die „Speaker’s Corner“ auf dem Dresdner Neumarkt geklebt haben. Auf einem anderen ist zu lesen: „Statt Kohle aus China lieber sichere Atomkraftwerke“.

Dresden – „Waschen statt duschen“ steht auf einem der grünen Zettel, die Kirchentagsgäste an die „Speaker’s Corner“ auf dem Dresdner Neumarkt geklebt haben. Auf einem anderen ist zu lesen: „Statt Kohle aus China lieber sichere Atomkraftwerke“. Die Meinungen, die auf dem Kirchentag über die Energiewende geäußert werden, gehen auseinander. Ein älterer Mann mit süddeutschem Akzent greift zum Mikrofon und erzählt, dass sein Sohn angefeindet werde, weil er in der Atomindustrie arbeitet. Ein junger Mann hält dagegen, dass man den Atomausstieg eben nicht überstürzen dürfe, damit die Strompreise stabil bleiben und die Stimmung nicht kippe. Eine ältere Frau meint, dass sie schon seit 30 Jahren gegen die Atomkraftwerke kämpfe und man den „Sack jetzt schnell zumachen muss“.

Ein paar Kilometer weiter will an diesem Freitagmittag ein Zuhörer in Hörsaal 1 der Technischen Universität vom SPD-Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier wissen, ob die SPD Druck machen könne, damit der Ausstieg aus der Kernenergie schneller als in den jetzt von der Regierung geplanten elf Jahren geschieht. Steinmeier nimmt seine Brille ab, setzt die Denkermiene auf, und erklärt, warum er eher dafür ist, dass man sich mehr Zeit nimmt: um zur Überbrückung auf möglichst wenig Gas oder Kohle zurückgreifen zu müssen, um mehr Zeit zur Drosselung des Energieverbrauchs zu haben und um ein solides Konzept zu schnüren. „Wir können es nicht brauchen, alle drei bis vier Jahre die Energiepolitik neu zu verhandeln.“ Um den tausend Zuhörern die Illusionen zu nehmen, bekräftigt nun auch Hildegard Müller, Chefin des Bundesverbandes Energie- und Wasserwirtschaft: „Ausstieg aus der Atomenergie bedeutet Einstieg in Gas- und Kohleenergie“. Es müsse in Technologie investiert werden, mit der sich Energie besser speichern lasse, die Stromnetze müssten ausgebaut werden. Und klar sei auch, „dass die Energie in Zukunft sichtbarer wird“. Das heißt: In die Natur wird stärker eingegriffen. „Um die Industrienation Deutschland mit Strom zu versorgen, reicht es nicht, Fotovoltaik auf dem Dach zu installieren.“ Dafür gibt es einige Pfiffe.

Ein Grundübel sei, dass sich die Regierung zu sehr für das Wirtschaftswachstum einsetze, sagt der Biologe und Theologe Günter Altner, der seit 40 Jahren gegen Atomkraft kämpft. Viele applaudieren. Da platzt Hildegard Müller der Kragen: Wie man sich das hier im Hörsaal bitteschön vorstelle mit der Energiewende ohne Wirtschaftswachstum? Aber auch jetzt geizen die Zuhörer nicht mit Klatschen. Ist der schnellere oder der langsamere Ausstieg besser und was sind die Kosten – für die Umwelt und für den eigenen Geldbeutel? Das treibt die Kirchentagsbesucher deutlich mehr um als am Vortag die Debatte um das Thema Integration.

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