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Arabisch Liga: "Frieden mit Netanjahu ist möglich"

Die arabischen Regierungen machen sich erneut für ihren Friedensplan stark. Und sie fordern einen Nahen Osten ohne Atomwaffen. Netanjahu steht dabei nicht unbedingt im Weg findet der Vorsitzende der arabischen Liga, Amr Moussa.

Benjamin Netanjahu weiß, was von ihm erwartet wird. Alle Staatsmänner, die der israelische Premier zuletzt bei seinen Antrittsbesuchen traf, drängen ihn, sich endlich zu einem künftigen Staat Palästina zu bekennen.

Netanjahu aber warnt lieber vor Iran und meint, er finde damit Anklang auch im arabischen Lager. Wie die Araber darüber denken, war dieser Tage auf den hochkarätig besetzten Kronberger Gesprächen der Bertelsmann Stiftung und der König-Faisal-Stiftung in Riad zu hören. Natürlich war in der saudischen Hauptstadt kein israelischer Teilnehmer dabei, aber Israel zog sich durch die Debatte, sei es beim Friedensprozess oder den Atomprogrammen im Nahen Osten.

Amr Moussa, der Vorsitzende der Arabischen Liga, beklagte sich, dass die Araber von Israel und den USA stets aufs Neue in die Irre geführt würden: „Anfang 2008 hat man uns Frieden und einen palästinensischen Staat bis zum Ende des Jahres versprochen. Ende 2008 begann ein Krieg.“

Die Bombardierung des Gazastreifens, die politische Stärkung der islamistischen Hamas im Krieg, der Rechtsruck bei den israelischen Wahlen haben die Lage für die Palästinenser radikal verschlechtert. Viele von ihnen reden davon, die Zwei-Staaten-Lösung aufzugeben und stattdessen den Israelis das Leben in einem gemeinsamen Staat zu vergällen. Ein Negativszenario. Was hält Moussa davon? „Auf dem Tisch liegt der arabische Friedensplan.“ Der geht aus von zwei Staaten und einem Rückzug Israels an die Grenzen von 1967. Doch könnte der Plan wegen der schnell wachsenden jüdischen Siedlungen im Westjordanland bald hinfällig werden. „Ich weiß nicht, wie lange wir ihn noch anbieten werden“, sagt Moussa.

Die Araber forderten für künftige Verhandlungen dreierlei: Erstens einen Zeitplan mit klarem Ende, zweitens keinen Siedlungsbau und drittens Überprüfung des israelischen Verhaltens während der Verhandlungen. „Frieden mit Netanjahu ist durchaus möglich“, sagt Amr Moussa. Er erinnert an den Friedensschluss des israelischen Rechten Menachim Begin 1979 mit Ägypten. „Mit Netanjahu weiß man, woran man ist.“

Nun spricht aber gerade Israels Premier betont weniger vom Frieden als von einem heraufziehenden Konflikt mit Iran. Teheran weigert sich beharrlich, im Atomstreit auf die Kompromissangebote der UN einzugehen. Das beunruhigt auch die Araber. Amr Moussa sieht die Schuldigen jedoch nicht in Teheran allein. „Wir müssen nicht nur über Iran und sein mögliches Atomprogramm reden, sondern über Israel und seine reale Nuklearstreitmacht.“ Das ist ein großes Thema der Araber. Sie fühlen sich ermutigt dadurch, dass unter Präsident Obama erstmalig auch hochrangige US-Beamte offen von Israels Atomwaffen sprechen.

Prinz Turki al-Faisal, Ex-Geheimdienstchef und als Chef der Faisal-Stiftung eine Art Sonderbotschafter der saudischen Außenpolitik, sagt, die westliche Iran-Politik sei gescheitert. Das Zuckerbrot sei nicht süß genug, die Peitsche zu lasch. Deshalb laufe das Atomprogramm weiter. Das Beispiel Nordkoreas habe den Iranern gezeigt: „Wer die Bombe einmal hat, dem kann keiner mehr.“

Prinz Turki macht sich deshalb für einen arabischen Vorschlag stark: ein Naher Osten frei von Atomwaffen. Diesem Sicherheitspakt müssten nach und nach alle Staaten der Region beitreten. Die Belohnung seien Sicherheitsgarantien der großen Nuklearmächte. Die Bestrafung für jene Staaten, die weiter Atomwaffen bauen, würden Sanktionen sein. „Natürlich müsste am Ende auch eine militärische Option Teil der Sanktionen sein“, sagt der Prinz. Das ist gegen Iran und Israel zugleich gerichtet.

Doch erst mal müsse man nett sein, sagt Turki al-Faisal. Teheran solle damit geködert werden, dass es angereichertes Uran zur zivilen Nutzung der Kernenergie aus einem Drittland erhalte. Das lehnen die Iraner jedoch bisher ab. Und Israel könnte unter den nuklearen Schutz der Amerikaner gestellt werden. „Die Deutschen und die Japaner leben hervorragend damit“, sagt Prinz Turki.

Ob das die Israelis beruhigen und die Iraner zügeln wird, ist offen. Atomprogramme indes, soviel steht fest, reizen viele Staaten im Nahen und Mittleren Osten. Die Türkei, Ägypten und einige Golfstaaten arbeiten zügig an künftiger Nutzung der Kerntechnik. Saudi-Arabien empfing vorige Woche die französische Wirtschaftsministerin Lagarde. Ergebnis: Die Franzosen helfen den Saudis beim Aufbau einer Atomindustrie. Zu rein friedlichen Zwecken natürlich.

Was heute schon fast vergessen ist: Es waren auch die Franzosen, die Israel vor mehr als vierzig Jahren halfen, zum Nuklearstaat zu werden.

ZEIT ONLINE

Michael Thumann[Riad]

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