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Arabische Liga: Zurück auf der Weltbühne

Jahrzehntelang war die Arabische Liga ein weltpolitischer Langweiler. Seit dem Arabischen Frühling bekommt die Vertretung der arabischen Staaten neues Gewicht. An ihrer Spitze: Ein alter Diplomat und der umtriebige Emir von Katar.

Viele arabische Fernsehsender übertrugen die dramatische Sitzung in der Nacht zu Mittwoch live. Denn im Rund des UN-Weltsicherheitsrates stand nicht nur Syriens Präsident Baschar al Assad im Zentrum der internationalen Aufmerksamkeit, sondern auch seine wichtigsten arabischen Gegenspieler, der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al Arabi, und der Emir von Katar, Hamad bin Jassim al Thani. Beide machten keinen Hehl aus ihrer Kritik am Regime von Damaskus – und verkörperten vor dem Weltpublikum das neue diplomatische Gewicht des arabischen Staatenbundes. Ein „schnelles und entschlossenes Vorgehen“ sei notwendig, um den Plan der Arabischen Liga für einen Machttransfer in Syrien umzusetzen, forderte al Arabi. „Das Blutvergießen in Syrien hat unglaubliche Ausmaße angenommen. Die Tötungsmaschine arbeitet ununterbrochen“, sekundierte Katars Emir al Thani und warf den syrischen Machthabern vor, kein Interesse an einer Beendigung der Gewalt zu zeigen.

Vorbei sind die Zeiten, als Kommuniqués der Arabischen Liga bis zur Unkenntlichkeit verwässert waren. „Es herrscht ein neues Klima in der Kairoer Zentrale“, bescheinigte kürzlich ein westlicher Diplomat. Seit Nabil al Arabi im Mai 2011 mitten im Arabischen Frühling das Spitzenamt in dem Bürohaus nahe dem Tahrir-Platz übernahm, steuert der 76-Jährige seine Organisation mit Geschick und Beharrlichkeit zurück in das Rampenlicht der Weltbühne. Mitte Januar forderte die Liga Assad zum geordneten Rückzug auf – während Russland und China im UN-Sicherheitsrat weiter in Sachen Syrien blockieren.

Schon vor seiner Wahl zum Nachfolger von Amr Mussa hatte al Arabi in der Region einen glänzenden Ruf, obwohl er jahrzehntelang im diplomatischen Dienst von Hosni Mubarak stand. Geboren 1935 in Kairo, studierte er Jura in Ägypten und den Vereinigten Staaten und promovierte 1971 an der New York Universität. Als junger Diplomat nahm er 1978 an den Friedensverhandlungen von Camp David teil. Von 1981 bis 1983 war er Botschafter Ägyptens in Indien, von 1987 bis 1999 Missionschef bei den Vereinten Nationen – erst in Genf, später in New York.

2001 wechselte al Arabi als Richter an den Internationalen Gerichtshof (IGH) von Den Haag, wo er bis 2006 arbeitete. In den Tagen der Revolution am Nil gehörte der Diplomat dem 30-köpfigen Rat der Weisen an, der zwischen Volk und Regime zu vermitteln versuchte. Nach dem Fall Mubaraks wurde al Arabi für zwei Monate Außenminister, bevor er auf den Chefsessel der Arabischen Liga wechselte. Katar machte damals ebenfalls Ansprüche auf den Posten geltend, zog seinen Kandidaten jedoch zurück.

Ungeachtet dessen bleibt der agile Golfstaat unter Scheich al Thani in dem arabischen Staatenbund dominant. An die Macht kam der heutige Staatschef, als er 1995 seinen Vater in einer Familienrevolte vom Thron warf. Seitdem entwickelt sich Katar zu einem wirtschaftlichen und diplomatischen Schwergewicht in der Region – bewundert, respektiert, aber auch gehasst. Nach Russland und Iran verfügt es über das drittgrößte Erdgasvorkommen der Welt, seine Einwohner stehen auf der globalen Statistik der Reichen auf Platz eins. Mehr als 120 Milliarden Dollar investierte das Emirat im vergangenen Jahrzehnt in den Ausbau der Gasförderung. „Wenn eines Tages Öl und Gas erschöpft sind, werden wir nicht wieder zurück auf unsere Kamele steigen“, scherzt der 60-Jährige gerne, der für 2022 sogar die Fußball-Weltmeisterschaft auf seine Halbinsel holte.

Auch in der Außenpolitik brach der Emir, der 24 Kinder mit drei Frauen hat, mit vielen arabischen Tabus. Katar pflegt Beziehungen zu Iran und zu Israel. Seit 1998 beherbergt der Wüstenstaat das Hauptquartier der US-Truppen im Nahen Osten. Der Haussender Al Dschasira wurde im Arabischen Frühling zum Sprachrohr der arabischen Revolutionäre. Gegen Gaddafi unterstützte al Thani die Rebellen mit Geld, Waffen und Spezialeinheiten. Heute treibt er den diplomatischen Widerstand gegen das Assad-Regime voran. „Hunderte Kinder sind unter den Todesopfern in Syrien“, schloss er im Weltsicherheitsrat vor den versammelten Diplomaten sein Plädoyer für eine UN-Resolution. „Das Schicksal des syrischen Volkes liegt in Ihrer Hand.“

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