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Politik: Arabische Reaktionen: "Terror der Zionisten"

Bin Laden und die Angriffe in Afghanistan haben die Palästinenser gespalten: Die Islamisten und große Teile der Bevölkerung treten offen für den mutmaßlichen Top-Terroristen ein, doch Arafats Autonomiebehörde geht hart gegen die Sympathisanten vor. Bei einer Kundgebung islamistischer Studenten in Gaza wurden am Montag drei Demonstranten erschossen - ob von der palästinensischen Polizei oder von bewaffneten Vermummten unter den Demonstranten blieb jedoch zunächst unklar.

Bin Laden und die Angriffe in Afghanistan haben die Palästinenser gespalten: Die Islamisten und große Teile der Bevölkerung treten offen für den mutmaßlichen Top-Terroristen ein, doch Arafats Autonomiebehörde geht hart gegen die Sympathisanten vor. Bei einer Kundgebung islamistischer Studenten in Gaza wurden am Montag drei Demonstranten erschossen - ob von der palästinensischen Polizei oder von bewaffneten Vermummten unter den Demonstranten blieb jedoch zunächst unklar. Überall in den Palästinenser-Gebieten kam es zu Demonstrationen für Bin Laden.

Vor allem die ausführlichen Hinweise auf das Leiden der Palästinenser und der Aufruf zum Kampf gegen Israel in bin Ladens Video-Erklärung, ausgestrahlt nach den ersten US-Angriffen, hatten es den Palästinensern angetan. Die Autonomiebehörde untersagte es daher Journalisten, die Palästinenser nach ihrer Meinung zu befragen. Kameraleute ausländischer Medien wurden daran gehindert, die Demonstrationen zu filmen. Der palästinensische Informationsminister Jassir Abed Rabbo distanzierte sich aber deutlich von der Video-Botschaft bin Ladens: "Wir wollen nicht, dass im Namen der Palästinenser Verbrechen begangen werden."

Die Islamisten legen sich im Gegensatz zu der Autonomiebehörde keine Zurückhaltung auf und bejubeln offen bin Laden. Hamas-Chef Asis Rantissi nannte die Luftschläge der Amerikaner und Briten gegen die Taliban "Angriffe gegen den Islam und die Moslems". Nicht bin Laden verbreite Terror, sondern der "zionistische Feind". Bin Laden habe mit seinen Worten sagen wollen, dass die USA stets für den "Zionisten-Terror" eingetreten seien. Deshalb stehe das Palästinenser-Volk hinter ihm.

Der Militärschlag in Afghanistan war zu lange erwartet worden, als dass er überraschende Reaktionen in der arabischen Welt hervorgerufen hätte. Auffallend war allenfalls, dass sich zunächst nur Irak und Iran zu Wort meldeten - mit starker Kritik an den Angriffen. Das war bei Irak wenig überraschend, hatte Saddam Hussein doch als einziger arabischer Staatschef die Terror-Anschläge nicht verurteilt. Iran dagegen hatte zuvor signalisiert, dass es das ungeliebte Taliban-Regime nicht verteidigen wolle. Das Außenministerium verurteilte dann aber doch die Luftangriffe als "inakzeptabel".

Sonst zeigte die fragile Koalition gegen den Terror auch nach den ersten amerikanischen und britischen Militäraktionen noch keine wirklichen Risse. Kairo, das sich Washington gegenüber in den vergangenen Wochen sehr kritisch gezeigt hatte, räumte den USA nun das Recht ein, Afghanistan anzugreifen, "wenn es ausreichende Beweise dafür hat, dass Osama bin Laden oder seine Al-Qaida-Gruppe die Anschläge ausführten und die afghanische Regierung ihnen half oder sie versteckt". Dies erklärte der Präsidentenberater Osama al-Baz. Die Golf-Zeitungen signalisierten vorsichtige Unterstützung für den Angriff auf Afghanistan mit der Begründung, der Terrorismus müsse bekämpft werden. Ziemlich allein stand freilich die kuwaitische Zeitung "Al Watan" da, die dafür "betete", dass die USA als Nächstes das irakische Regime angreifen mögen. In der restlichen arabischen Presse, von Amman bis Beirut, überwog dagegen die Angst, dass die nächste Welle von Luftangriffen sich gegen arabische Länder richten könnte, die von den USA der Unterstützung des Terrors verdächtigt werden. Der Text der Video-Botschaft bin Ladens wurde zwar im Wortlaut in vielen Zeitungen nachgedruckt. Doch wenige Kommentatoren beschäftigten sich mit der Frage, ob die Solidaritätsbekundungen bin Ladens mit dem Schicksal der Palästinenser und der Iraker ihm neue Anhänger bringen könnten.

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