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Politik: Arbeitslosenstatistik: Zahlensalat im Arbeitsamt

Sozialminister Walter Riester (SPD) wehrt sich gegen den Vorwurf, die rot-grüne Regierung wolle mit einem Trick die Arbeitslosenstatistik im Wahljahr 2002 drücken. "Dies alles hat mit Manipulation der Statistik überhaupt nichts zu tun", verteidigte er seine neuesten Pläne am Dienstag in Berlin.

Sozialminister Walter Riester (SPD) wehrt sich gegen den Vorwurf, die rot-grüne Regierung wolle mit einem Trick die Arbeitslosenstatistik im Wahljahr 2002 drücken. "Dies alles hat mit Manipulation der Statistik überhaupt nichts zu tun", verteidigte er seine neuesten Pläne am Dienstag in Berlin. Bereits im Juni will der Minister einen Entwurf vorlegen, mit dem neue arbeitsmarktpolitische Maßnahmen vorbereitet werden. Dazu gehört auch, dass die Statistik überarbeitet wird. Wer über 58 ist und nur noch auf die Rente wartet, wer zwar noch erfasst ist, aber einen neuen Arbeitsvertrag schon unterschrieben hat, soll künftig gesondert erfasst werden. "Wir werden Transparenz und Aussagekraft der Statistik erhöhen und nicht vermindern", meint Riester. Grafik: Empfänger von Sozialhilfe Was erhofft sich der Sozialminister davon? Riester strebt an, dass Arbeitsämter und Arbeitslose künftig gemeinsam einen Eingliederungsplan erarbeiten. Er soll berufliche und persönliche Stärken und Schwächen der Arbeitslosen enthalten und Strategien aufzeigen, wie ihre individuellen Vermittlungschancen verbessert werden können. Die konkreten Schritte für die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz sollen dann verbindlich verabredet werden. "Nach meiner Auffassung ist der mit der neuen Vermittlungsstrategie erforderliche Aufwand der Arbeitsämter nicht für jeden einzelnen Arbeitslosen erforderlich", sagt Riester. Die Ämter sollten sich auf diejenigen konzentrieren, die dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur Verfügung stehen. Die sollen dann auch in der Statistik gesondert auftauchen, denn: "Kein arbeitsmarktpolitischer Handlungsbedarf besteht für die Arbeitslosen, die zum Beispiel schon einen Arbeitsvertrag in der Tasche haben, bereits zum Wehrdienst einberufen sind oder auf ihre Rente warten."

Während Riester und die SPD-Fraktion über diese Änderungen und über eine Fortentwicklung von Arbeitsmarktinstrumenten wie der Job-Rotation bereits in den kommenden Wochen sprechen wollen, liegt ein anderes Thema noch auf Eis: die Verzahnung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Der Sozialminister macht keinen Hehl daraus, dass er darüber nachdenkt diese beiden sozialen Sicherungssysteme bis 2006 zusammenzulegen. Eine engere Verzahnung von Arbeits- und Sozialämtern bei der Vermittlung Arbeitssuchender wird bundesweit in 28 Modellprojekten in den kommenden drei Jahren bereits geübt. Auf der Grundlage ihrer Erfahrungen "wird es danach eine politische Bewertung geben", kündigte der Sprecher Riesters dazu an. Erst dann soll also darüber entschieden werden, wann und wie weit die beiden Systeme zusammengelegt werden.

Mit großer Aufmerksamkeit sind im Sozialministerium dem Vernehmen nach die Bedenken des früheren Verfassungsgerichtspräsidenten Ernst Benda gegen eine Zusammenlegung von Sozial- und Arbeitslosenhilfe registriert worden. Benda hatte erklärt, für die aus Beitragszahlungen abgeleitete Arbeitslosenhilfe gelte im Gegensatz zur Sozialhilfe der Eigentumsschutz des Grundgesetzes. Sozialversicherte hätten daher einen Anspruch darauf, "dass ihnen nicht plötzlich das, was ihnen vom Gesetzgeber zugesagt ist, ohne Übergangsfristen weggenommen wird", erklärte Benda in der "Saarbrücker Zeitung". Riester hält eine engere Verzahnung dennoch für notwendig und ist zuversichtlich, dass sie auch kommt. "Die Frage ist, wie man das macht", sagte er.

Carsten Germis

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