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Politik: Arbeitsmarkt: "Es können 300 000 Stellen entstehen" (Interview)

Günther Schmid ist Direktor der Abteilung Arbeitsmarktpolitik des Wissenschaftszentrums Berlin und Professor an der Freien Universität.Lässt sich durch den Abbau der Überstunden die Zahl der Arbeitslosen abbauen?

Günther Schmid ist Direktor der Abteilung Arbeitsmarktpolitik des Wissenschaftszentrums Berlin und Professor an der Freien Universität.

Lässt sich durch den Abbau der Überstunden die Zahl der Arbeitslosen abbauen?

Man kann das theoretisch gegeneinander aufrechnen. Wenn man alleine die 44 Millionen Überstunden in Berlin auf Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse umrechnet, kommt man auf 25 000 Arbeitsplätze. Das entspricht zehn Prozent der Arbeitslosen. Aber so einfach ist das natürlich nicht.

Wieso?

Ein Großteil der Überstunden sind so genannte transitorische Überstunden, die man schlecht oder gar nicht beschäftigungswirksam einsetzen kann, weil sie von vorneherein unbezahlt sind und in Freizeit ausgeglichen werden. Das ist ungefähr ein Drittel aller Überstunden. Zu den übrigen Überstunden gibt es verschiedene Berechnungen, die auf unterschiedlichen Annahmen beruhen. Die Schätzungen variieren zwischen 185 000 Arbeitsplätzen, so das arbeitgebernahe DIW, und 630.000, wie sie das gewerkschaftsnahe WSI ausgerechnet hat.

Machen es sich die Gewerkschaften zu einfach?

Es macht keinen Sinn, einfach so Pi mal Daumen eine Zahl zu verbreiten, ohne konkrete Lösungswege aufzuzeigen, wie man sie erreichen will.

Machen es sich nicht auch die Arbeitgeber zu einfach, wenn sie sagen, es gibt gar nicht genügend Fachkräfte, um abzubauende Überstunden direkt in neue Beschäftigung umzuwandeln?

Das ist richtig. Es sind Anreize nötig, dass die Betriebe sich stärker um die Pflege und die Verbesserung der eigenen Humanressourcen bemühen.

Wie lassen sich Ihrer Ansicht nach Überstunden in zusätzliche Beschäftigung umwandeln?

Richtig wäre aus meiner Sicht auf der einen Seite, Kurzfrist-Arbeitszeitkonten restriktiver zu handhaben. Überstunden sollten frühzeitig abgebaut werden. Auf der anderen Seite sollte man die Regelungen für Zeitarbeit und den Arbeitnehmerverleih noch großzügiger regeln als bisher, wie es zum Beispiel die Niederlande gemacht haben. So haben die Arbeitgeber auf dem Zeitarbeitsmarkt mehr Möglichkeiten, qualifizierte Arbeitskräfte zu ersetzen. Eine andere Variante wäre, Arbeitslangzeitkonten einzuführen, die man dann zum Beispiel für Weiterbildungen verwenden könnte.

Welche realistischen Chancen haben solche Modelle im Arbeitsalltag? Wieso sollten Arbeitgeber sich darauf einlassen?

Hier sind die Tarifpartner gefordert, entsprechende Regelungen zu treffen. Arbeitszeitpolitik ist überwiegend Tarifpolitik. Auch braucht man für den genannten Vorschlag, Flexibilität durch Zeitarbeit zu ermöglichen, entsprechende gesetzliche Regelungen, die die Zeitarbeit weiter deregulieren. Dann könnten die Unternehmen Zeitarbeit zunehmend auch für Engpässe bei qualifizierten Beschäftigten nutzen.

Wieviele Arbeitsplätze könnten Ihrer Ansicht nach bundesweit durch den Abbau von Überstunden geschaffen werden?

Realistisch wäre ein Drittel der jetzigen Überstunden beschäftigungswirksam umzusetzen. Bundesweit wären das maximal 300.000 Jobs, für Berlin wären etwa 7000 bis 8000 Stellen realistisch.

Lässt sich durch den Abbau der Überst

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