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Ansichtssache. Für Argentiniens Präsidentin Kirchner ist klar, wem die "Islas Malvinas" gehören.

© AFP

Argentinien: Krieg per Presse

Mit Anzeigen in britischen Zeitungen heizt Argentiniens Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner den Streit um die Falkland-Inseln an - sie möchte die Debatte direkt in die britische Bevölkerung tragen.

Diesmal hat die argentinische Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner zu einem außergewöhnlichen Mittel gegriffen, um den seit Jahrzehnten schwelenden Streit um die Falkland-Inseln zwischen Buenos Aires und London anzuheizen. Kirchner forderte Gespräche über die Rückgabe der Inseln im Südatlantik an Argentinien. Dazu schaltete die Staatschefin eine Anzeige in den Londoner Zeitungen „Guardian“ und „Independent“ vom Donnerstag. Der britische Regierungschef David Cameron wies die neueste Falkland-Offensive Kirchners am Donnerstag prompt zurück. „Wir werden weiter alles tun, um die Interessen der Bewohner der Falkland-Inseln zu schützen“, ließ Cameron durch einen Sprecher mitteilen. Das Londoner Außenministerium fügte hinzu: „Die Bewohner der Falkland-Inseln sind britisch und haben entschieden, britisch zu sein. Sie sind und bleiben frei, ihre eigene Zukunft zu bestimmen, politisch und wirtschaftlich. Sie haben ein Recht auf Selbstbestimmung, wie es in der UN-Charta verankert ist.“

Kirchner warf Großbritannien in dem offenen Brief Kolonialismus vor. „Heute vor 180 Jahren, am 3. Januar, wurde Argentinien in einem unverfrorenen Akt des Kolonialismus des 19. Jahrhunderts der Malvinas beraubt, die 14 000 Kilometer von London entfernt sind“, beginnt der emotionale Brief. „Malvinas“ ist die argentinische Bezeichnung für die umstrittene Inselgruppe im antarktischen Meer, die rund 500 Kilometer vor der argentinischen Küste liegt. Kirchner warf den Briten in dem Brief vor, damals Argentinier von der Insel vertrieben und dann seine eigene Bevölkerung angesiedelt zu haben. Seither habe Großbritannien die Wiederherstellung von Argentiniens „territorialer Integrität“ verhindert. Die Lösung der „Malvinas-Frage“, so Kirchner weiter, werde von ganz Lateinamerika und der großen Mehrheit von Menschen und Regierungen in aller Welt, „die den Kolonialismus zurückweisen“, gefordert. Dabei beruft sie sich auf eine Erklärung der Vereinten Nationen von 1960, in der ein Ende des Kolonialismus verlangt wird. Im vergangenen Jahr versuchte Kirchner, Cameron am Rande eines G-20-Gipfels einen Brief ähnlichen Inhalts zu überreichen, doch der britische Premier verweigerte die Annahme.

Hintergrund der neuen Runde in der emotionalen Auseinandersetzung um die Inseln zwischen Großbritannien und Argentinien ist der zurückliegende 30. Jahrestag des Falkland-Krieges. Die argentinische Militärdiktatur hatte im Jahr 1982 in einer Nacht- und Nebelaktion versucht, die Falkland-Inseln zu besetzen. Die damalige britische Premierministerin Margaret Thatcher schickte daraufhin in einer ungewöhnlichen Aktion britischer Selbstbehauptung eine Militärflotte, die die Falkland-Inseln und ihre knapp 2000 Bewohner nach einem blutigen Krieg „befreite“.

Kirchner will mit ihrer Anzeigenkampagne offenbar die Debatte an der Regierung vorbei in die britische Bevölkerung tragen. Damit dürfte sie aber wenig Erfolg haben. Großbritannien schloss seit dem Falkland-Krieg mehrere Abkommen mit Argentinien und suchte nach diplomatischen Lösungen. Auch über eine argentinische Wirtschaftsbeteiligung an Ölfunden im Umkreis der Falkland-Inseln wurde gesprochen. Immer steht dabei für die Briten das Selbstbestimmungsrecht der Inselbewohner im Mittelpunkt. Kirchners kämpferische Haltung hat die Falkland-Diplomatie aber fürs Erste zum Stillstand gebracht. Die Inselbewohner werden im März eine Volksabstimmung über ihre politische Zukunft durchführen. Sie ist sozusagen ein britisches Propagandamanöver, um die britische Auffassung zu unterstreichen, dass „es in diesem Konflikt drei Parteien gibt, nicht nur zwei, wie die Argentinier vorgeben“, so die Sprecherin des Außenministeriums.

Britische Diplomaten spielen den neuen Vorstoß auch als innenpolitisches Manöver der argentinischen Präsidentin herunter. Cristina Fernández de Kirchner steht wegen Argentiniens maroder Wirtschaft unter Druck. Wegen dubioser Wirtschaftsstatistiken wurde dem Land bereits der Ausschluss aus dem Internationalen Währungsfonds (IWF) angedroht. Argentinische Staatsanleihen haben nur noch Ramschstatus. Beobachter sprechen von einer möglichen Wiederholung des Staatsbankrotts von 2001.

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