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Politik: Arm gegen Arm

Nigerias Bischöfe machen Staatschef für Konflikte verantwortlich

Einst war er Nigerias Hoffnung: Olusegun Obasanjo, Sympathieträger des Westens, Kandidat für den Posten des UN-Generalsekretärs 1991 und geadelt durch drei Jahre Haft wegen Widerstands gegen die Militärdiktatur Sani Abachas. 1999 wurde er zum Präsidenten seines Landes gewählt – als Garant für Demokratie und Stabilität. Doch seit seinem Amtsantritt haben die ethnischen Spannungen besonders in den nördlichen Provinzen zugenommen. Das Rote Kreuz berichtete erst dieser Tage wieder vom Angriff eines christlichen Stammes auf die nigerianische Stadt Yelwa, bei dem mindestens 500 Menschen getötet worden sein sollen. Auch die Armut ist in dem Land noch größer geworden, die Bevölkerung lebt von 80 Cent am Tag. Und Obasanjos Wiederwahl 2003 war auch nach Einschätzung internationaler Beobachter manipuliert.

„Wir wählen, doch wir haben keine Wahl“, sagte der Vorsitzende der nigerianischen Bischofskonferenz, Erzbischof John Onaiyekan, dem Tagesspiegel küzrlich am Rande einer Nigeria-Konferenz der Kirchen in Berlin. „Meinungsfreiheit, Pluralismus, positiver Wettbewerb – all das fehlt in Nigeria.“ In Hinblick auf die zunehmenden Konflikte zwischen Moslems und Christen warfen Onaiyekan und der Erzbischof der Stadt Jos, Ignatius A. Kaigama, Obasanjo Untätigkeit vor. „Der Präsident tat nichts, um die Scharia zu verhindern“, sagte Kaigama. „Er bestand nicht darauf, dass dies ein säkularer Staat ist.“ Das islamische Recht ist in zwölf Nordstaaten Nigerias wieder eingeführt worden und unterhöhlt das säkulare Bundesrecht, das für diese Frage zuständige Verfassungsgericht wird nicht angerufen. Die verantwortlichen Gouverneure der Staaten sagen, die Scharia bewege sich im Rahmen der Verfassung.

Die Bischöfe meinen, der Konflikt zwischen den Religionen beruhe nicht auf verwurzeltem Hass. „Die Menschen haben lange Zeit in Frieden gelebt“, erklärte Onaiyekan. Nun würden Muslime, die seit der Herrschaft des bekennenden Christen Obasanjo um ihre Macht fürchten, den Konflikt schüren, „unterstützt durch andere islamische Regierungen“. Grund seien wirtschaftliche und politische Probleme, „doch sie werden religiös interpretiert“, sagte Kaigama. „Es sind die Armen, die sich gegenseitig umbringen“, meint Onaiyekan, „arme Menschen sind sehr religiös, schlecht gebildet und leicht zu manipulieren“. Die Konflikte seien „oft politisch gesteuert. Eine gute Regierung würde das nicht zulassen.“

Neben Armut und Unsicherheit hat vor allem die noch immer grassierende Korruption das Vertrauen der Nigerianer in Obasanjo enttäuscht. Auf dem Korruptionsindex der Organisation „Transparency International“ rangiert das Land auf dem vorletzten Platz unter 133 Staaten. Widerstand in der Bevölkerung regt sich bisher kaum. „Das Hauptproblem der Menschen ist das Überleben“, sagt Onaiyekan: „Sie sind zu hungrig, um sich zu erheben.“

Christine Wetzel

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