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Politik: Arm gegen Reich

Einige Länder wollen nicht zu viel Föderalismusreform – vor allem dann nicht, wenn es um Bundeszuschüsse geht

Die Reform des Bundesstaats, auf die sich die Ministerpräsidenten in der Vorwoche geeinigt haben, könnte durch den Streit ums Geld verzögert werden. Einige der ärmeren Länder haben Vorbehalte bei zentralen Punkten angemeldet – vor allem, wenn es um Zuschüsse des Bundes geht. Grundsätzlich haben sich die Länderfürsten darauf verständigt, dass die Rahmengesetzgebung des Bundes und die gemischt finanzierten Gemeinschaftsaufgaben entweder abgeschafft oder reduziert werden. Das soll den Ländern mehr Eigenständigkeit geben und mehr Transparenz erzeugen.

Harald Ringstorff, SPD-Ministerpräsident im armen Mecklenburg-Vorpommern, hat nun deutlich gemacht, dass er nicht alles mittragen möchte, was seine Kollegen mehrheitlich für richtig halten. Zwar will auch er mehr Selbstständigkeit der Länder. Aber die bringt ihm nichts, wenn ihm das Geld fehlt, um mit jenen mithalten zu können, die diese Eigenständigkeit auf Grund ihrer günstigen Einnahmensituation besser nutzen können. Ärmere Länder seien auch künftig auf regionalspezifische Hilfen des Bundes angewiesen, meint Ringstorff. „Da gibt es Vorbehalte der reicheren Länder“, sagte er am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur. Die Reform dürfe nicht mit Verteilungskämpfen einhergehen. Auch in CDU-Landesregierungen im Osten heißt es, in Bayern oder Baden-Württemberg, wo man die Reform gerne weit treiben würde, gebe es nicht immer genügend Verständnis für die Finanzsituation in den neuen Bundesländern.

Dieser Konflikt wurde in der Vorwoche in die Fußnoten verbannt, weil die Ministerpräsidenten nach ihren jahrelangen Debatten eine gemeinsame Vorlage für die Verhandlungen mit dem Bund vorlegen mussten. Ringstorff hat auf der Ministerpräsidentenkonferenz allerdings einige Bedenken deutlich gemacht. Ihn stört, dass nach den Vorstellungen seiner Länderkollegen die Bundesförderung für den Hochschulbau ganz entfallen soll, die Bundeshilfen für die Wirtschafts- und die Agrarstruktur zumindest in Frage gestellt werden. Der Schweriner Regierungschef fürchtet, dass die Ausgleichsfunktion des Bundes schwindet und mit der Reform die Kluft zwischen ärmeren und reicheren Ländern tiefer wird. So hat Schwerin Bedenken, dass die – weiterhin von allen Ländern erwünschten – Investitionshilfen des Bundes für bedeutsame Projekte nicht zur „Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ dienen sollen. Mit einer solchen Zweckbindung ließen sich regionale Nachteile leichter ausgleichen. Einige der armen Länder wenden sich auch dagegen, die Zustimmung zu diesen Investitionshilfen im Bundesrat nicht mehr an die einfache, sondern an eine Zweidrittelmehrheit zu binden. Damit könnten die reicheren Hilfen an schwache Länder verhindern.

Ringstorff mahnt, es dürfe durch die Reform nicht zu einem Wettbewerbsföderalismus kommen. Dieser Kampfbegriff trennt die Politik in zwei Lager: Die starken Länder, vor allem die der Union, streben ihn an, schwächere wollen ihn nicht. Die Union als stärker föderalistisch orientierte Partei liebäugelt mit mehr Eigenständigkeit der Länder. Die SPD – traditionell stärker auf nationalen Ausgleich bedacht – lehnt dies ab. Nicht zuletzt die SPD-Bundestagsfraktion gilt als wenig reformfreudig, wenn es um Änderungen beim Bund-Länder-Verhältnis geht. Freilich hat sich Rot-Grün gebunden: Föderalismusreform, die Entflechtung von Bund und Ländern und klare Regelungen der Verantwortung sind als Regierungsziel im Koalitionsvertrag festgelegt.

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