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Politik: Arme gehen seltener zum Arzt

Die Nationale Armutskonferenz stellt in einem Bericht fest, dass Sozialhilfeempfänger in Krankheitsfällen immer seltener einen Arzt aufsuchen. Auch Impfungen und Vordorgeuntersuchungen würden selten in Anspruch genommen. Dies sei eine Gefahr vor allem für Kinder.

Hannover (28.02.2005, 13:59 Uhr) Sozialhilfeempfänger in Deutschland sollen nach Ansicht der Nationalen Armutskonferenz (nak) von finanziellen Belastungen durch die Gesundheitsreform befreit werden. Konferenz- Sprecher Hans-Jürgen Marcus forderte am Montag in Hannover, diese Menschen grundsätzlich von der Praxisgebühr und den Kostenbeteiligungen für Medikamente auszunehmen.

Seit Einführung der Gesundheitsreform gingen Sozialhilfeempfänger seltener zum Arzt, so das Ergebnis eines Berichts, den die nak in Hannover vorstellte. Die Zuzahlungspflicht für Sozialhilfeempfänger habe faktisch zu einer Reduzierung des Sozialhilfesatzes geführt, kritisierte Marcus.

Die nak ist ein Zusammenschluss von Wohlfahrtsverbänden, Selbsthilfegruppen und Gewerkschaften, der in unregelmäßigen Abständen Berichte zu sozialpolitischen Themen vorlegt.

«Arme gehen einfach nicht mehr zum Arzt, die Erkrankungen werden verschleppt und irgendwann chronisch», sagte Marcus. Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen würden kaum noch in Anspruch genommen. Vor allem bei Kindern bestehe die Gefahr, dass sie später unter den Folgeschäden unbehandelter Krankheiten leiden müssten. Auf lange Sicht verursache dies mehr statt weniger Kosten. «Unser Sozialstaat ist im Kern gesund und wird an den Rändern - also bei denen, die besonders auf Sozialstaat und Solidarität angewiesen sind - immer brüchiger», meinte Marcus.

Es sei davon auszugehen, dass auch die Sterblichkeitsrate bei armen Menschen zunimmt, sagte Prof. Gerhard Trabert, Leiter der Arbeitsgruppe «Armut und Gesundheit» bei der nak. Schon jetzt gebe es bei der Lebenserwartung für reiche und arme Menschen einen Unterschied von sieben Jahren. «Ich befürchte, dass diese Spanne noch zunehmen wird», sagte Trabert.

Neben den Zuzahlungskosten sei mangelnde Information ein Problem für Sozialhilfeempfänger. Viele von ihnen wüssten zum Beispiel nicht, dass die medizinische Behandlung für Kinder unter zwölf Jahren kostenlos ist. «Hier muss mehr aufgeklärt werden», forderte Trabert. (Internet: www.nationale-armutskonferenz.de) dpa ()

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