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Politik: Arme Rentner

Alte Leute sollen nicht von der Fürsorge leben müssen, fordern Politik, Versicherer und Sozialverbände. Nur der Weg ist umstritten

Berlin - In einem Punkt sind sich die Grünen und die Union einig: „Wer ein Leben lang gearbeitet hat, muss eine Rente über dem Niveau der Grundsicherung bekommen“, sagte Peter Weiß, stellvertretender Chef der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, dem Tagesspiegel am Sonntag. „Die Rente muss die Menschen vor Altersarmut bewahren“, fordert der Sozialpolitiker. Um die CDU auf diese Linie festzulegen, wollen die Sozialausschüsse der Partei dieses Gebot im neuen Grundsatzprogramm der CDU verankert sehen. Ein entsprechender Antrag an den Bundesparteitag, der Anfang Dezember in Hannover stattfindet, ist bereits gestellt.

Sozialpolitiker, Wohlfahrts- und Sozialverbände sind alarmiert durch die neue Rentenstudie, die die Deutsche Rentenversicherung in der vergangenen Woche vorgelegt hat. Danach verlassen sich noch immer über eine Million Deutsche zwischen 46 und 50 Jahren allein auf die gesetzliche Rentenversicherung und haben weder eine private noch eine betriebliche Zusatzvorsorge. Das Problem: Wegen der Rentenreformen der vergangenen Jahre werden sich die heute 46- bis 50-Jährigen mit einer Durchschnittsrente von 690 Euro begnügen müssen, wenn sie keine zusätzliche Vorsorge betreiben, heißt es in der Studie.

Herbert Rische, Präsident der Deutschen Rentenversicherung, schlägt Alarm. „Die Gefahr von Altersarmut besteht immer dann, wenn das Erwerbsleben unterbrochen wird, etwa wegen Arbeitslosigkeit oder wenn wenig oder gar keine Beiträge fließen“, sagte Rische dem Tagesspiegel am Sonntag. Deshalb müsse man sich Gedanken darüber machen, ob für Zeiten der Arbeitslosigkeit höhere Beiträge an die Rentenversicherung gezahlt werden.

Eine Idee, die auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund auf Sympathie stößt. Der DGB prüft derzeit ein Modell, nach dem Versicherungszeiten bei Geringverdienern höher bewertet werden und Langzeitarbeitslosen für die Dauer der Arbeitslosigkeit Rentenpunkte gut geschrieben werden. Ohne ein Gegensteuern droht nach Meinung von DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach ein neues „Altersbedürftigkeitssystem“ ungeahnten Ausmaßes.

Um Rentnern ein Leben in Würde zu ermöglichen, fordert der Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband eine regelmäßige Erhöhung der Grundsicherung entsprechend der Inflation. „Heute ist die Grundsicherung nicht armutsfest“, kritisiert Geschäftsführer Werner Hesse. Grundsicherung bekommen Rentner, deren Minirenten nicht zum Leben reichen. Die Unterstützung beträgt bei Alleinstehenden 347 Euro im Monat, hinzu kommen die Ausgaben für die Warmmiete. Zusammen macht das im Schnitt rund 660 Euro im Monat, bei Verheirateten sind es circa 1100 Euro.

Andere fordern noch einschneidendere Maßnahmen: Walter Hirrlinger, Präsident des Sozialverbands VDK, fordert eine obligatorische Riester-Rente für alle. „Wer sich allein auf die gesetzliche Rentenversicherung verlässt, segelt in die Katastrophe“, warnt Hirrlinger.

Dem Vorstoß werden politisch jedoch keine Chancen eingeräumt. „In den letzten zwei Jahren ist bei Riester enorm viel passiert“, gibt Ralf Brauksiepe, sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu bedenken. Er sieht in der Rentenpolitik vorerst keinen Handlungsbedarf: „Wir haben mit den jüngsten Rentenreformen die Weichen für die nächsten 22 Jahre gestellt“, sagte Brauksiepe dem Tagesspiegel am Sonntag.

Auch die Rentenversicherer warnen vor Aktionismus: „Zum Jahresende erwarten wir zehn Millionen abgeschlossene Riester-Verträge, Tendenz steigend“, betont Rische. Angesichts der wachsenden Popularität von Riester-Produkten solle man die weitere Entwicklung abwarten. Im zuständigen Bundesarbeitsministerium fällt das auf fruchtbaren Boden: „Die Regierung setzt weiter auf Freiwilligkeit“, heißt es auf Anfrage.

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