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Spanien

© AFP

Armee: Stets zu Diensten

Großbritannien, Frankreich, Spanien: Mit einer Freiwilligenarmee würde Deutschland einem europäischen Trend folgen. Welche Erfahrungen haben andere Länder damit gemacht?

Wenn es nach der SPD geht, soll es in Zukunft einen „freiwilligen Wehrdienst“ geben. Mit einer faktischen Abschaffung der Wehrpflicht würde Deutschland einem europäischen Trend folgen. Die Union lehnt die Pläne allerdings ab. „Viele meiner Kollegen sagen mir unter vier Augen, dass sie teilweise froh wären, wenn sie heute wieder die Wehrpflicht hätten“, sagte Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) am Montag. Allerdings wurden in den einzelnen Ländern durchaus unterschiedliche Erfahrungen gemacht – hier vier Beispiele.



Großbritannien:
Der letzte Wehrpflichtige wurde in Großbritannien 1963 einberufen. Seitdem sind die britischen Streitkräfte eine Freiwilligenarmee. Eine aggressive Werbekampagne hat in den vergangenen Monaten dazu geführt, dass die Zahl der Neuzugänge um fast 40 Prozent gestiegen ist. Allein in Birmingham haben sich in den vergangenen vier Monaten 126 junge Briten zum Armeedienst gemeldet – und das, obwohl die Wahrscheinlichkeit, bei einem Einsatz in Afghanistan ums Leben zu kommen, inzwischen bei 1:36 liegt. Trotz der Werbekampagne fehlen den Streitkräften 5850 Soldaten (3,2 Prozent des Personals). Das liegt vor allem an der hohen Zahl der Abgänge aus der Armee. Ein Unterhausbericht nennt hohe „Arbeitsbelastung“, die Unmöglichkeit langfristiger Planungen für die Angehörigen und die Auswirkungen der vielen Auslandseinsätze auf die Familien als Hauptgrund. Trotzdem gibt es in Großbritannien keine relevante politische Gruppe, die an eine Einführung der Wehrpflicht denkt.

Frankreich: Sechs von zehn Franzosen bedauern inzwischen die Abschaffung der Wehrpflicht. 2001 war der letzte Wehrpflichtige einberufen worden. Dass heute eine große Mehrheit, unter ihnen die ehemalige sozialistische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal, dem Wehrdienst nachtrauert, ist vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, dass die Franzosen im „Service National“ noch immer eine wichtige Institution zur Herausbildung staatsbürgerlicher Verantwortung sehen. In ihr Wahlprogramm hatten die Sozialisten daher auch die Forderung eines sechsmonatigen obligatorischen Bürgerdienstes für alle Jungen und Mädchen im Alter von 18 bis 25 Jahren aufgenommen. Wegen der hohen Kosten geriet die Forderung jedoch rasch in Vergessenheit. An den Kosten würde heute auch die Rückkehr zu einer Wehrpflichtigenarmee scheitern. Doch die wird von niemandem ernsthaft erwogen.

Italien: In Italien wurde die Wehrpflicht 2005 formal ausgesetzt – ihre Wiedereinführung steht nicht zur Debatte. Nur Verteidigungsminister Arturo Parisi wirbelte vor drei Wochen etwas Staub auf. Auf dem Höhepunkt der Waldbrände erinnerte er die Gemeinden an ihre fortbestehende Pflicht, Musterungslisten zu führen und Jugendliche im wehrfähigen Alter der Behörde zu melden. Für den Fall schwerer Krisen müsse die Möglichkeit zur Rekrutierung schließlich bestehen bleiben. 360 000 Mann zählte Italiens Heer früher, mittlerweile gibt es nur noch 190 000 Soldaten. Dies liegt eher an den maroden Staatsfinanzen als am mangelnden Nachwuchs. Auf 91 ausgeschriebene Unteroffiziers-Stellen bewarben sich im März 30.000 junge Frauen und Männer.

Spanien: Die Wehrpflicht wurde Anfang 2002 nach einer dreijährigen Übergangszeit abgeschafft. Einer der Hauptgründe war das schlechte Image der Wehrpflichtigenarmee. Inzwischen hat die spanische Armee allerdings Probleme, überhaupt genügend Personal zu finden. Für die meisten Spanier ist eine Arbeit beim Heer offenbar zu unattraktiv. Das hängt mit der schlechten Bezahlung und der Belastung durch viele internationale Einsätze zusammen. Um trotzdem genügend Soldaten zu bekommen, wurden die Anforderungen gesenkt und gezielt Soldaten aus dem Ausland angeworben. Inzwischen dienen viele Südamerikaner in der spanischen Armee. Trotzdem ist die angestrebte Stärke der Berufsarmee von 160 000 Mann bisher nur zu drei Vierteln erreicht worden. Die Regierung versucht, die Attraktivität der Armee mit finanziellen Anreizen und Weiterbildungsangeboten zu erhöhen. Am Meinungsbild der Spanier hat sich allerdings wenig geändert: Sie verbinden mit den Streitkräften immer noch überwiegend ein negatives Bild.

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