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Update

Armenien-Resolution: Türkische Regierungskreise begrüßen Stellungnahme der Bundesregierung

Die Bundesregierung will ihre Reaktion ausdrücklich nicht als Distanzierung von der Armenien-Resolution verstanden wissen. Dennoch kommt aus der Türkei ein positives Echo.

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Die Bundesregierung hat Berichte zurückgewiesen, wonach sie sich von der Einstufung der Massaker an den Armeniern als Völkermord durch den Deutschen Bundestag distanziere. "Davon kann überhaupt keine Rede sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Er wies allerdings darauf hin, dass die Entschließung des Parlaments keine rechtlich bindende Wirkung habe. Außenamtssprecher Martin Schäfer sagte, auch von Seiten des Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) könne von Distanzierung keine Rede sein.

Zuvor hatte der „Spiegel“ berichtet, dass die Bundesregierung auf Distanz zur Armenier-Resolution des Bundestags gehe. Geplant sei eine politische Geste an die türkische Regierung, damit deutsche Abgeordnete die in Incirlik stationierten Bundeswehr-Soldaten wieder besuchen dürfen, hieß es. Das Auswärtige Amt und das Kanzleramt hätten sich darauf geeinigt, dass Regierungssprecher Steffen Seibert vor die Presse treten und sich im Namen der Regierung von der Armenien-Resolution des Bundestages distanzieren solle, hieß es am Freitag bei „Spiegel Online“.

„Wir sehen das generell eher positiv“

Dagegen sagte CDU-Generalsekretär Peter Tauber schon vor der Erklärung Seiberts, es gebe keine Distanzierung von der Resolution. "Die aktuell kursierende Meldung von Spiegel online ist falsch", schreibt er auf seiner Facebook-Seite. "Unabhängig davon: Die Türkei ist ein wichtiger Partner bei vielen Themen. Aber gerade als Partner muss man es aushalten, dass man solche Fragen offen diskutiert. Das haben wir mit unserer Resolution im Bundestag getan." Merkel habe in der Fraktion für die Resolution gestimmt. "Sie distanziert sich nicht von ihrem eigenen Beschluss", schrieb er weiter.

Die aktuelle Stellungnahme der Bundesregierung zur Armenien-Resolution des Bundestages wird in türkischen Regierungskreisen begrüßt. „Wir sehen das generell eher positiv“, sagte der Sprecher der türkischen Botschaft in Berlin, Refik Sogukoglu, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sogukoglu verwies insbesondere auf zwei Bemerkungen des Regierungssprechers. „Wir schätzen Seiberts Aussage, dass den Gerichten die Entscheidung obliegt, was Völkermord ist - und nicht dem Parlament“, betonte er. „Darüber hinaus stimmen wir Seiberts Bewertung zu, dass die Bundesregierung nicht immer die gleiche Meinung haben muss wie der Bundestag.“

Der Bundestag bezeichnete in dem Beschluss das Vorgehen des Osmanischen Reichs gegen die Armenier vor mehr als 100 Jahren als Völkermord. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte an der Abstimmung ebenso wenig teilgenommen wie Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).

Bedingungen der Türkei

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner hat die Bundesregierung vor einem Abrücken von der Armenien-Resolution des Bundestages gewarnt. „Spekulation zu #Armenien muss eine „Ente“ sein“, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter. „Ein solcher Kotau wäre würdelos für unser Land und respektlos gegenüber Bundestag.“ Kritik kam auch von Grünen und Linken. „Es wäre ein Armutszeugnis politischer Kultur und eine Ohrfeige für die Opfer“ twitterte die Grünen-Vorsitzende Simone Peter. „Nun kriechen wir dem Irren vom Bosporus endgültig in den Hintern“, schrieb der Linke-Abgeordnete Klaus Ernst ebenfalls auf Twitter.

Angela Merkel und Recep Tayyip Erdogan.
Angela Merkel und Recep Tayyip Erdogan.

© AFP

Auch in der Unionsfraktion war man irritiert über den "Spiegel"-Bericht. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Stephan Harbarth sagte am Freitag vor Beginn einer Sitzung des Vorstands in Berlin, die Unionsfraktion habe ihre Position in der Abstimmung über die Resolution zum Ausdruck gebracht, „die Position der Unionsfraktion bleibt unverändert.“ Ein Vorstandsmitglied sagte, eine Distanzierung durch Merkel wäre „fatal“. Ein solcher Schritt werde der Kanzlerin gar nicht zugetraut.

Die Bundeswehr hat in Incirlik im Süden der Türkei mehr als 200 Soldaten sowie sechs Tornado-Aufklärungsjets und ein Tankflugzeug stationiert. Sie sollen den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) unterstützen. Zuletzt hatte die Bundesregierung betont, sie wolle sich im Streit mit der Türkei über das Besuchsverbot nicht unter Druck setzen lassen.

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Außenminister Steinmeier wies am Montag die Forderung seines türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu nach einer Verknüpfung dieser Frage mit der Armenier-Resolution des Bundestags zurück. „Ich sehe nicht diesen unmittelbaren Zusammenhang und das habe ich dem türkischen Kollegen auch gesagt“, sagte Steinmeier in einem Interview für die ARD-Sendung „Farbe bekennen“.

Cavusoglu hatte zuvor in Ankara ein deutsches Entgegenkommen in der Frage zur Bedingung für eine Lösung des Incirlik-Streits gemacht. „Wenn Deutschland die notwendigen Schritte unternimmt, werden wir den Besuch ermöglichen“, sagte er, verschwieg aber, welche konkreten Schritte er meint. Die Regierung in Ankara hatte bereits einem Staatssekretär und mehreren Abgeordneten den Besuch der deutschen Soldaten in Incirlik untersagt. (Tsp/dpa)

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