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Politik: Asien reagiert irritiert auf Australiens Anspruch zum "Friedenspolizisten"

Die multinationale Friedenstruppe in Ost-Timor sorgt für Spannungen in Asien. Australiens neue Außenpolitik, der Anspruch des Landes, die Rolle eines "Friedenspolizisten" im asiatisch-pazifischen Raum zu übernehmen, stößt auf Ablehnung.

Die multinationale Friedenstruppe in Ost-Timor sorgt für Spannungen in Asien. Australiens neue Außenpolitik, der Anspruch des Landes, die Rolle eines "Friedenspolizisten" im asiatisch-pazifischen Raum zu übernehmen, stößt auf Ablehnung. Als Australiens Ministerpräsident John Howard kürzlich sagte, Australien hätte eine Verantwortung in der Region, die sich aus der besonderen Situation als westliches Land in Asien ergibt, reagierte die australische Presse mit Spott. "Howard-Doktrin" taufte sie die Äußerungen des Regierungschefs. "Ich kann mir das nur so vorstellen, dass er die Verhältnismäßigkeit verloren hat, was die Rolle Australiens bei der Führung der Friedenstruppe in Ost-Timor anbetrifft", analysiert der philippinische Südostasienexperte Thomas Aquino. Asien empfindet den Anspruch Howards als Anmaßung.

Australien war der entscheidene Motor für die Entsendung einer Friedenstruppe nach Ost-Timor und hat die Befehlsgewalt über die Mission. Malaysias stellvertretender Ministerpräsident Abdullah Badawi bezweifelt jedoch die Führungsqualitäten der Australier und glaubt, ihnen fehle es am nötigen Takt und Respekt für die asiatischen Völker. Ministerpräsident Mahathir fügt hinzu, dass es den Australiern wohl gefalle, mit ihrem weißen Hochmut auf den Asiaten herumzutrampeln.

Die schärfsten Angriffe auf Australien werden von den asiatischen Medien geführt. "Wo nimmt die Minderheit, die nicht einmal asiatisch ist, sondern nur durch einen Unglücksfall der Geschichte in unserer Nähe liegt, die Unverschämtheit her, über uns zu richten?", schreibt die Zeitung Republika in Jakarta, und die Straits Times aus Singapur lässt sich über das neue Selbstbewusstsein der ehemaligen britischen Strafkolonie aus: "Mit diesem historischen Erbe eignen sie sich wohl kaum zum Polizisten."

Die Fronten verlaufen auch zwischen den 2500 australischen Soldaten und den rund 1500 Asiaten, die bereits in Ost-Timor stationiert sind. Während die Australier gegen Milizionäre und Saboteure hart durchgreifen, plädiert der thailändische Kommandeur der Friedenstruppen, Generalmajor Songkitti, für ein weniger martialisches Vorgehen. Dabei erinnert er die Australier daran, welche politischen Konsequenzen es für sie habe, wenn Pressefotos einen Indonesier mit dem Lauf eines australischen Gewehrs im Gesicht zeigen. In Jakarta warnt der Historiker Hikam Muhammad vor einem hässlichen Image der Friedenstruppen. "Es werden Erinnerungen an die Kolonialzeit wach und es vertiefen sich unter Asiaten die Vorurteile, dass die UN ein Instrument des Weißen Mannes sind."

Malaysias Regierungschef Mahathir hat bereits angekündigt, dass er die "Howard-Doktrin" zum Gegenstand der Diskussion in der Gemeinschaft südostasiatischer Staaten (ASEAN) machen werde. Er dürfte damit in dem bisher wenig erfolgreichen Bündnis aus zehn Nationen auf offene Ohren stoßen. Streben die Interessen der Mitgliedstaaten in vieler Hinsicht eher auseinander, sind sie sich jedoch einig, wenn es um die Ablehnung jeglicher Form von Neokolonialismus geht.

Die asiatischen Staaten machen es sich jedoch zu einfach, den schwarzen Peter Australien zuzuschieben, meint Politikprofessor Richard Tanter von der Kyoto Seika Universität in Japan. "Ohne Zweifel bedeutet Ost-Timor das jüngste und vermutlich nicht letzte Versagen des ASEAN, eine regionale Friedensordnung durchzusetzen." Die Mitgliedsländer hätten keinen Beitrag geleistet, um den Ost-Timor-Konflikt in Vergangenheit und Gegenwart zu lösen. Bisher zeigten die Regierungen wenig Interesse, das Thema Menschenrechtsverletzungen in die gemeinsame Agenda aufzunehmen. Mit der Kritik an Australien würden die ASEAN-Staaten versuchen, von der eigenen Unfähigkeit zum Handeln abzulenken.

Michael Streck

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