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Asse: Der Einsturz ist sicher

Ist die Standfestigkeit des Atomendlagers Asse tatsächlich bis 2020 gegeben? Die Regierung verlässt sich auf die Prognose der Fachleute.

Berlin - Es wird keinen Bundestags-Untersuchungsausschuss zum Atomendlager Asse geben. Die grüne Umweltpolitikerin Sylvia Kotting-Uhl teilte am Samstag mit, der Gruppenantrag ihrer Partei habe nicht die notwendige Mehrheit gefunden. Nur die Linkspartei habe ihn unterstützt. Die FDP wirft den Grünen vor, sie wolle einen solchen Untersuchungsausschuss nur für ihren Anti-Atomwahlkampf nutzen. Und die SPD zeigte kein weiteres Interesse an Aufklärung.

Das ist verständlich, schließlich fällt eine Vielzahl der Versäumnisse im ehemaligen Forschungsendlager Asse in die Regierungszeit der SPD in Niedersachsen. Andererseits haben der frühere Betreiber des ehemaligen Salzbergwerks, die Helmholtz-Gesellschaft, und der neue Betreiber, das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), schon ziemlich viel zur Aufklärung beigetragen.

Am Freitag beschloss der Bundestag, die Schließung des Endlagers unter dem Atomgesetz abzuwickeln. Nach Auskunft des Parlamentarischen Staatssekretärs im Umweltministerium, Michael Müller (SPD), stammen etwa 90 Prozent des Atommülls in der Asse aus staatlichen Forschungsinstituten. Daher müsse der Bund allein die Kosten tragen. Mit rund 2,5 Milliarden Euro rechnet das BfS derzeit.

Bis zum vergangenen Donnerstag war allerdings unklar, ob es in Sachen Asse überhaupt noch viel zu entscheiden gibt. Denn die Helmholtz-Gesellschaft ging nach einer Reihe von Gutachten zur Standfestigkeit des Bergwerks davon aus, dass von 2014 an mit dem Einsturz gerechnet werden müsste. Zwar wäre auch das Schließungskonzept der Helmholtz-Gesellschaft nicht vor 2017 abgeschlossen gewesen. Doch unter diesen Umständen wäre es nahezu unmöglich, noch über alternative Konzepte nachzudenken. Nach einem Fachgespräch am Donnerstag gab das BfS zunächst einmal Entwarnung. Die Fachleute halten einen Prognosezeitraum bis 2020 für möglich. Und bis dahin sei „eine Resttragfähigkeit des Grubengebäudes“ gegeben, heißt es im Protokoll. Eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums nannte diese Aussage jedoch am Samstag „so was wie eine Wetterprognose“.

Der Verdacht, dass beide Seiten die Aussagen der Bergbaufachleute zugunsten ihres jeweiligen Schließungskonzepts interpretieren, liegt nahe. Die Helmholtz-Gesellschaft wollte, weil Gefahr im Verzug sei, das Grubengebäude mit Magnesiumchloridlösung fluten. Eine Vorstellung, die bei den Asse-Gegnern in der Nachbarschaft des Endlagers Alarmstimmung ausgelöst hatte. Denn auch die Helmholtz-Gesellschaft war sich keineswegs sicher, dass mit dieser Methode ein Austritt von radioaktiven Stoffen ins Grundwasser vermieden werden könnte. Das BfS will nun auf ausdrücklichen Wunsch aus der Bevölkerung auch überprüfen, ob es möglich ist, den schwach strahlenden Atommüll wieder aus der Asse herauszuholen und vermutlich im inzwischen genehmigten Endlager Schacht Konrad für schwach- und mittelradioaktive Stoffe endzulagern. Das ist aber nur möglich, wenn die Grube nicht schon in fünf Jahren absäuft und einstürzt.

Doch selbst wenn die Grube noch etwas länger offen gehalten werden kann: Es dürfte schwer werden, den Atommüll tatsächlich wieder herauszuholen. In der Einlagerungskammer Vier, wo schwach radioaktive Abfälle in rostenden Fässern lagern, die mit Salz und teilweise Beton verschlossen wurden, droht die Decke einzustürzen. In der jüngsten Stellungnahme des Instituts für Gebirgsmechanik Leipzig heißt es, die Decke der Einlagerungskammer befinde sich „im Stadium des Kriechbruches“. Und weiter: „Langfristig ist die Bildung von Makrorissen zu erwarten und damit ein Firstfall in der Kammer als sicheres Ereignis anzunehmen.“ Um zu verhindern, dass die Decke beim Absturz die Fässer aufsprengt, sollte die Einlagerungskammer möglichst mit Beton ausgegossen werden, empfehlen die Fachleute. Das verlängert die Zeit, um ein vernünftiges Schließungskonzept umzusetzen, aber es macht es bestimmt nicht leichter, den Atommüll wieder herauszukratzen.

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