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Horst Seehofer und Alexander Dobrindt vor dem Koalitionsausschuss

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Asylstreit in der Regierung: Die CSU ist Opfer des Hypes

Die CSU zeigt Härte im Asylstreit aus Angst vor der AfD und mit Verweis auf Wünsche der Bevölkerung. Schätzt sie die richtig ein? Dass ihre Strategie nicht aufgeht, müsste ihr zu denken geben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Anna Sauerbrey

Die CSU hat es überdreht. Weil die Partei vor der bayrischen Landtagswahl ein Signal an der Grenze setzen will, nimmt sie die Republik in Geiselhaft. Vertrauensfrage, Neuwahlen, alternative Koalitionen: Berlin ist aufgeschreckt, und vielen Bürgern wird es offenbar auch zu viel. Umfragen zeigen schlechte Werte für Markus Söder und gute für Angela Merkel – und die AfD.

Warum hat sich die CSU verrechnet? Begründet wurde die Eskalation in der Migrationspolitik ja gerade mit einem Wählersehnen nach der „echten Asylwende“ (Markus Söder) und dem Kampf gegen die AfD. „Wir müssen die Menschen an den politischen Rändern wieder in die Mitte integrieren“, schrieb der bayrische Ministerpräsident noch am Samstag in der „Welt“.

Man darf Söder, Dobrindt und Co. ruhig glauben, dass ihnen die AfD an die Nieren geht. Sie mögen auf ihre eigene Art radikal sein. Sie scheuen sich nicht, rechtsstaatliche Grundsätze zu übergehen und sich rhetorisch anzubiedern. Aber sie sind Demokraten und dürften sich vor dem völkischen Rassismus der AfD ebenso ekeln wie die Mitte.

Die AfD steht in Bayern bei zwölf bis 13 Prozent

Allein, die Copy-Cat-Strategie, mit der die CSU vorgeht, taugt offenbar nichts. Bei 15 bis 16 Prozent auf Bundesebene steht die AfD nun, bei zwölf bis 13 Prozent in Bayern. In einer anderen Umfrage lassen die Bürger wissen, es gebe noch wichtigere Themen als die Migration.

Markus Blume, Generalsekretär der CSU, will das nicht gelten lassen. Wichtiger als die Umfragen sei „die Lebenswirklichkeit vor Ort“, sagt er, da seien „die Rückmeldungen aus der Bevölkerung eindeutig“. Aber was ist die Gefühlswirklichkeit der Bürger beim Thema Migration? In regelmäßigen Umfragen nach den wichtigsten politischen Themen steht es tatsächlich seit 2015 konstant an erster Stelle.

Doch die Aufmerksamkeitsspirale könnte ja auch so aussehen: Eine vergleichsweise kleine Gruppe wütender Menschen heizt CSU-Politikern beim Bierfest ein und wählt AfD, die CSU treibt das Thema, die Mitte reagiert, die Medien berichten, das spiegelt sich in den Umfragen. Es ist eine Spirale der Überrepräsentation der Ängste weniger, die zu den Agenda-Settern der Republik werden. Die CSU könnte das erste Opfer dieses gesellschaftlichen Missverständnisses werden. Dagegen hilft nur: Abrüsten.

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