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Politik: Atempause für Woerth

Frankreichs Arbeitsminister in der Affäre Bettencourt zum Teil entlastet

Frankreichs Arbeitsminister Eric Woerth kann erst einmal aufatmen. In der Affäre um die Existenz nicht deklarierter Schweizer Bankkonten der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt wurde Woerth jetzt durch einen am Sonntagabend veröffentlichten Untersuchungsbericht einer Abteilung des Finanzministeriums in einem Punkt entlastet. Woerth, der bis März dieses Jahres Budgetminister im Finanzministerium war, habe „nicht interveniert, um eine Steuerkontrolle bei Bettencourt zu veranlassen, zu verhindern oder zu beeinflussen“, heißt es in dem Bericht.

Darüber zeigte sich Woerth am Montag in einem Rundfunkinterview „enorm erleichtert“. Von Präsident Sarkozy, der Woerth als „Mensch gewordene Redlichkeit“ verteidigt hatte, wurde gestern in einem für den Abend angesetzten TV-Interview ein klärendes Wort zum Fall Woerth sowie zu anderen Fragen im Zusammenhang mit der Affäre Bettencourt und weiteren Skandalen der jüngsten Zeit erwartet. Die Opposition ist noch nicht entschlossen, die Auseinandersetzung um Woerth zu beenden. Ein Sprecher der Sozialisten nannte den Bericht „unbefriedigend“. Der ehemalige Budgetminister habe von der Behörde, die jetzt seinem Nachfolger unterstellt ist und deren Chef von der Regierung ernannt werde, einen Persilscheine erhalten, sagte er. Er verlangte eine unabhängige Untersuchung.

Im Zuge der Enthüllungen der Affäre Bettencourt war Woerth kürzlich gleich wegen mehrerer Details ins Zwielicht geraten. So hatte, wie kürzlich bekannt wurde, die Staatsanwaltschaft von Nanterre Woerths Finanzbehörde auf die Existenz zweier nicht deklarierter Konten Bettencourts in der Schweiz aufmerksam gemacht. Da die Verwaltung nicht reagierte, kam die Frage auf, ob Woerth, dessen Frau Florence bei der Bettencourt-Vermögensverwaltung Clymène als Anlageberaterin beschäftigt war, die normalerweise fällige Kontrolle verhindert haben könnte. Diese Frage gilt jetzt als beantwortet, ungeklärt ist jedoch weiter, warum im Fall der Milliardärin gar nichts geschah. Ebenso ist offen, ob Woerth von Bettencourt illegale Wahlkampfspenden für Sarkozy entgegennahm.

Neben dem Vorwurf des Interessenkonflikts, der gegen Woerth wegen der inzwischen beendeten Beschäftigung seiner Frau bei Bettencourt erhoben wurde, muss sich der Minister weiterhin der Frage der Vereinbarkeit seiner Regierungsfunktion mit dem Amt des Schatzmeisters und damit obersten Spendensammlers der Regierungspartei UMP stellen. Er erklärte jetzt, er werde „darüber nachdenken“, das Parteiamt aufzugeben. Schon im vergangenen Jahr hatte die Opposition die Regierung wegen dieser Ämterhäufung angegriffen und ein entsprechendes Verbotsgesetz gefordert.

Einen Rücktritt von seinem Parteiamt dürfte Woerth jedoch erst nach einer Entscheidung von Staatschef Sarkozy ernsthaft in Erwägung ziehen. Der Präsident hatte sich bisher entschieden geweigert, Konsequenzen aus der Affäre Woerth zu ziehen. Er braucht Woerth als Minister, der bis zum Herbst die große Rentenreform durchzieht, zu der die Gesetzesvorlage am heutigen Dienstag im Kabinett verabschiedet werden soll. Dem TV-Sender France 2 war für das Interview am gestrigen Abend mitgeteilt worden, dass es nicht infrage komme, die ganze Sendezeit den Affären der vergangenen Wochen zu widmen.

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