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Atomausstieg: Röttgens Atom-Thesen spalten die CDU

Parteikollegen sind empört über den Vorstoß des Umweltministers zum Ausstieg aus der Kernenergie.

München - Sein Vorstoß für einen möglichst schnellen Atomausstieg hat Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in seiner eigenen Partei Kritik eingebracht. Die gesellschaftlichen Widerstände gegen Atomkraft seien in Deutschland zu groß, hatte Röttgen der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt. Seine Partei müsse sich „gut überlegen, ob sie gerade die Kernenergie zu einem Alleinstellungsmerkmal machen will“. Atomenergie habe auch nach vierzig Jahren keine hinreichende Akzeptanz in der Bevölkerung. Deshalb dürfe die Union ihren Erfolg nicht davon abhängig machen, dass Atomkraftwerke störungsfrei laufen.

Gleichzeitig warnte der CDU-Minister davor, die Zusatzgewinne der Atom-Betreiber mit einer Sonderabgabe abzuschöpfen. Der Staat müsse den Anschein vermeiden, er schöpfe Gewinne ab und mache dafür Zugeständnisse bei der Sicherheit. Dies sei auch verfassungsrechtlich schwierig. Damit stellt sich Röttgen gegen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP), der kürzlich erklärt hatte, „mindestens die Hälfte“ der Sondergewinne abschöpfen zu wollen.

Gleich mehrere Mitglieder der Bundestagsfraktion und Landesministerinnen erinnerten den Minister an den Koalitionsvertrag. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), sagte der „Welt am Sonntag“: „Im Koalitionsvertrag gibt es eine klare Vereinbarung, die auch für den Umweltminister gilt. Wir können unsere Umweltziele ohne Kernkraft nicht erreichen.“ Zwar müssten unsichere Atomkraftwerke abgeschaltet werden. „Sichere Kraftwerke können weiterlaufen, und zwar nicht nur vierzig Jahre, wie Herr Röttgen willkürlich festlegen will, sondern sechzig Jahre wie in den USA oder noch länger.“ Fuchs kritisierte, es bedeute volkswirtschaftlich „einen enormen Schaden, gut funktionierende Kernkraftwerke abzuschalten, die weder durch Vogelschredderanlagen (Windkraft) noch durch Subventionsgräber (Solarzellen) ersetzbar sind“.

Auch Michael Kretschmer, ebenfalls stellvertretender Union-Fraktionsvorsitzender (CDU), kritisierte: „Ich bin selbst Ingenieur und sprachlos über so viel Unfug in der Debatte. Wollen wir tatsächlich die sichersten Akw der Welt abschalten, um dann Strom aus weniger sicheren, ausländischen Akw zu importieren?“ Die Umweltministerinnen von Baden-Württemberg und Hessen, Tanja Gönner und Silke Lautenschläger (beide CDU), erklärten der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“: „Wir werden auch weiterhin für das Programm der Union und für den Koalitionsvertrag eintreten, die beide die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke in Deutschland vorsehen.“ Die Atomenergie sei zwar eine Brückentechnologie, man werde sie sicher noch über das Jahr 2022 hinaus brauchen.

Auch Bayerns Umweltminister Markus Söder (CSU) griff Röttgen an. Röttgen müsse „darauf achten, dass er nicht falsche Signale sendet“, sagte Söder dem „Münchner Merkur“. „Man kann nicht gleichzeitig die Solarförderung kürzen und einen übereilten Ausstieg aus der Kernenergie verkünden. Das ist wenig glaubwürdig.“ Nach Söders Ansicht kann die Kernenergie „auf absehbare Zeit nicht durch natürliche Energien ersetzt werden“.

„Jetzt auszusteigen aus der Kerntechnik ist ein absolut schwerer Fehler. Das, was hier der Umweltminister gesagt hat, ist nicht die Auffassung der Bundesregierung“, sagte FDP-Chef Guido Westerwelle im ZDF. Die FDP wolle den Weg zu einem Zeitalter der erneuerbaren Energien ebnen. „Aber wir wissen, jetzt geht es noch nicht“, betonte Westerwelle. Die Kernenergie sei zur Überbrückung noch notwendig. Hier sei er sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einig.

Im Koalitionsvertrag haben CDU/CSU und FDP vereinbart, die Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke zu verlängern. Details soll ein Energiekonzept klären, das das Wirtschafts- und das Umweltministerium im Herbst vorlegen wollen. Das Konzept erarbeiten Röttgen und Brüderle gemeinsam. Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn forderte Röttgen auf, er solle seinen Worten Taten folgen lassen und schon dieses Jahr mehrere Alt-Akw vom Netz nehmen. AFP/ddp/rtr

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