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Atomenergie: Endlager mit Anfangsproblemen

Eine Mitarbeiterbefragung im Bergwerk Asse bringt neue Erkenntnisse. Die jahrelange Selbstauskunft, es habe nie Zwischenfälle gegeben, mussten die Betreiber nun revidieren.

41 Jahre, nachdem die Betreiber im Versuchsendlager Asse bei Wolfenbüttel mit der Lagerung von radioaktiven Abfällen in dem früheren Salzbergwerk begonnen haben, haben sie nun ehemalige Mitarbeiter über den Zustand des Salzstocks vor der Einlagerung befragt. Zudem ist am 4. August mit Erkundungsbohrungen begonnen worden, um „weitere Erkenntnisse über die oberflächennahe Struktur des Deckgebirges zu gewinnen“.

Nach Angaben des Helmholtz-Zentrums München, das das Endlager Asse im Auftrag des Bundesforschungsministeriums betreibt, sind „20 ehemalige und langjährige Mitarbeiter“ befragt worden, weil im Bergwerk seit Jahren radioaktiv verseuchte Laugen unklarer Herkunft gefunden worden sind. Bei der Befragung haben die Betreiber „neues Wissen“ erworben, „das der heutigen Betriebsleitung bislang nicht bekannt war“.

Zum Beispiel, dass schon 1967 Lauge im Bergwerk vorhanden war. Die Betreiber hatten jahrelang beteuert, die Asse könne nicht absaufen, ein Wassereintritt sei unwahrscheinlich. Seit 1988 strömen täglich zwölf Kubikmeter Wasser aus dem Deckengebirge in das Bergwerk ein. Diese „nicht kontaminierte“ Lauge sei „zur Verfüllung anderer Bergwerke“ verwendet worden, sagen die Betreiber. Was sie nicht sagten, war, dass diese Salzlauge mit den radioaktiven Stoffen Uran und Tritium belastet war. Das gab Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) vor wenigen Tagen bekannt. Die Betreiber betonen, dass die Belastungen unterhalb der Grenzwerte gelegen hätten. Die betroffenen Bürgermeister jedenfalls sind vom Landesbergamt weder über die Verfüllung selbst, noch über die Belastungen mit radioaktiven Stoffen informiert worden.

Die Mitarbeiterbefragung brachte jedoch noch weitere Erkenntnisse: So wurden in der Anfangszeit auch flüssige Abfälle angeliefert. Die radioaktiven Laugen auf der 750-Meter-Sohle könnten also auch ausgelaufene Abfälle sein, was die Betreiber bezweifeln. Auch die jahrelange Selbstauskunft, es habe nie Zwischenfälle gegeben, mussten die Betreiber nun revidieren. Tatsächlich muss es öfter zu „Oberflächenkontaminationen“ gekommen sein, weil die Atommüllfässer mit schwach radioaktivem Müll – rund 125 000 – gelegentlich undicht waren, oder mit Wasser in Berührung gekommen waren. Zudem hat es offenbar einmal eine „großflächige Kontamination durch ausgelaufene Fässer“ gegeben. Die Betreiber meinen, damals sei womöglich das kontaminierte Material der Fahrbahn nicht vollständig beseitigt worden.

Inzwischen haben sie auch zugegeben, dass in den mittelradioaktiven Abfällen – knapp 1300 Fässer – Plutonium und angereichertes Uran aus der Versuchs-Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe enthalten waren. „Diese Nuklide sind auf verschiedene Gebinde verteilt, mit anderen Abfällen vermischt und daher für einen Missbrauch nicht erreichbar“, beruhigen die Betreiber. Die Mitarbeiter waren in der Einlagerungszeit bis 1978 aber offenbar auch mit anderem Müll nicht pingelig: Autoreifen, Altöl, Bohrschlämme und Verpackungen blieben einfach im Schacht.

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