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Irans Präsident Hassan Rouhani im Kontrollraum der Atomanlage in Bushehr.

© MOHAMMAD BERNO / Iranian Presidency / AFP

Atomgespräche mit dem Iran und den USA in Wien: Keine Vorleistungen nur um der guten Hoffnung Willen

Auch unter Biden ist das Misstrauen zwischen den USA und den Mullahs groß. Die Europäer müssen eine Nachbesserung des Deals von 2015 verhandeln. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christoph von Marschall

Auf den ersten Blick sieht die Aufgabe gar nicht so schwer aus. Die Europäer müssen den Iran und die USA bei den Atomgesprächen in Wien nur dazu bringen, ein bereits ausgehandeltes Abkommen erneut zu akzeptieren. 2015 hatten die EU-3 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) nach jahrelangen Gesprächen den Atomdeal vermittelt: Der Iran stoppt die Urananreicherung und sein Atomwaffenprogramm, die USA lockern im Gegenzug die Wirtschaftssanktionen.

Donald Trump hielt das für einen schlechten Deal, kündigte ihn und verschärfte die Sanktionen. Der Iran kehrte zur Urananreicherung zurück. Nun ist Joe Biden an der Macht; als Barack Obamas Vizepräsident hatte er das Ursprungsabkommen 2015 mitgetragen. Da sollte die Wiederbelebung des Vertrags möglich sein, oder?

Doch so einfach wird sich der Erfolg bei den Gesprächen in Wien nicht einstellen. Alle drei Parteien haben aus ihrer jeweiligen Sicht schlechte Erfahrungen gemacht. Das Misstrauen und der Wunsch nach mehr Absicherung schlägt sich in zusätzlichen Forderungen nieder, die der Gegenseite als unannehmbar erscheinen.

Die Mullahs wollen nicht mit den USA direkt verhandeln

Hinzu kommt eine erstaunliche Chuzpe der Mullahs. Biden hatte ihnen direkte Gespräche angeboten. Doch das lehnten sie ab und machen die Aufhebung aller US-Sanktionen zur Vorbedingungen – auch der Sanktionen, die nicht wegen des Atomprogramms verhängt wurden, sondern wegen der Unterstützung von Terrorgruppen und Bürgerkriegen. Sie begründen das mit der Erfahrung mit Trump, der die Gegenleistung verweigerte. In Wahrheit spielt auch eine Rolle, dass sie kühl kalkulieren, wie begründet das amerikanische Misstrauen ist, und hoffen, dass die Europäer einen mäßigenden Einfluss ausüben, weil sie unbedingt einen Verhandlungserfolg erzielen wollen.

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Nur: Warum sollte Biden derart in Vorleistung gehen? Er muss befürchten, dass Irans Hardliner die Präsidentenwahl im Juni gewinnen und dann ihrerseits nicht liefern. Im Übrigen hält auch er das Abkommen von 2015 für einen schlechten Vertrag. Denn er beschränkt nur das Atomprogramm, bringt aber keinen Fortschritt bei den vielen anderen Konflikten, die der Iran zuspitzt. Ziel der Gespräche in Wien müsse ein nachgebesserter Atomdeal sein.

Karte mit zentralen Atomanlagen im Iran.
Karte mit zentralen Atomanlagen im Iran.

© AFP

Im Prinzip sehen das auch die Europäer inzwischen so. Sie hatten das ursprüngliche Abkommen mit dem Argument verteidigt, es sei zwar unzureichend, aber man müsse es als Einstieg in eine Entspannung sehen. Der Iran werde mit der Zeit auch die Unterstützung für Terror und Bürgerkriege reduzieren. Diese Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, auch nicht vor der Kündigung durch Trump.

Die Wahl im Iran taugt nichts als Druckmitel

Das Beste, was man da über die Gespräche in Wien sagen kann, ist: Gut, dass sie wieder verhandeln, auch wenn Iraner und Amerikaner nicht direkt miteinander reden, sondern nur indirekt, mit den Europäern als Mittelsmännern.

Es wird Zeit brauchen, insbesondere den Iranern, die zähe Verhandler sind, klar zu machen, dass es keine Vorleistung der USA ohne iranische Gegenleistung geben wird. Und dass die Drohung, dass andernfalls die Konservativen die Wahl im Juni gewinnen, kein Druckmittel ist, sondern das Vertrauen in die guten Absichten Teherans erschüttert. Allein für die Hoffnung auf bessere Zeiten sollte der Westen nicht mit dem Barwert aufgehobener Sanktionen bezahlen.

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