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Atomgespräche: Nordkorea hält China hin

Machthaber Kim empfängt den Premier aus dem Bruderland, stellt aber Bedingungen für Atomgespräche.

Nichts in Nordkorea erfolgt zufällig. Chinas Premier Wen Jiabao war am Sonntag mit einem Pomp wie noch kaum je ein Staatsgast zuvor in Pjöngjang empfangen worden. Nordkoreas Staatschef Kim Jong Il begrüßte den Regierungschef des Nachbarlandes höchstpersönlich am Flughafen; eine Ehre, die sonst nur für Staatschefs reserviert ist. Offiziell war Premier Wen zur Feier der 60-jährigen bilateralen Beziehungen angereist, wozu Nordkorea für den hohen Gast auch eine opulente Show von Ariang-Massengymnastik veranstaltete. Kim versuchte mit dem überschwänglichen Empfang von Wen klar zu zeigen, für wie wichtig er seinen Hauptverbündeten und größten Handelspartner China hält. Wenn, dann hört man auf China.

Als Respektbezeugung gegenüber China ließ Kim vor Wens Rückreise am Dienstag durchblicken, dass er nach längerer Pause womöglich die Pekinger Nukleargespräche wiederaufnehmen wolle, wie dies China von seinem schwierigen Nachbarn seit dem Abbruch der Sechserrunde fordert. Doch wie bei jedem Kompromiss, den Nordkorea einzugehen gewillt ist, knüpft es auch diesen Schritt an Bedingungen. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA zitierte Staatsführer Kim, dass Pöngjang zuerst bilaterale Direktgespräche mit Washington abhalten will: „Die feindseligen Beziehungen zwischen Nordkorea und den Vereinigten Staaten sollten auf alle Fälle mittels bilateraler Gespräche in friedliche Beziehungen umgewandelt werden“, sagte Kim. Die Antwort aus Amerika kam prompt: Die USA seien zu bilateralen Gesprächen bereit, sagte Außenamtsprecher Ian Kelly, aber nur im Rahmen der Pekinger Sechsergespräche mit dem Ziel der kompletten nuklearen Abrüstung Nordkoreas.

Das übliche Hin und Her zwischen Nordkorea und den Amerikanern wäre nicht weiter beunruhigend, stünde Nordkorea nach Berichten nicht unmittelbar vor der Wiederinbetriebnahme seiner Hauptnuklearanlagen bei Yongbyon. In der Anlage wird atomwaffentaugliches Plutonium hergestellt. Als Zeichen seines „guten Willens“ hatte Nordkorea den Kühlturm von Yongbyon Mitte 2008 im Beisein von ausländischen Journalisten gesprengt. Nur Wochen nach der Teilsprengung von Yongbyon begann eine neue Eiszeit zwischen Amerika und Nordkorea wegen Auseinandersetzungen darüber, wie genau Nordkoreas nukleare Abrüstung zu verifizieren sei. Die Amerikaner verlangten unangemeldeten Zugang zu allen Anlagen, die Nordkoreaner wollten Anlagen nur nach Voranmeldung öffnen.

Anfang 2009 meldeten Spionagesatelliten neue Bautätigkeit bei Yongbyon. Gleichzeitig übte sich Nordkorea wieder Drohrhetorik gegen Südkorea und die Amerikaner und zündete im Mai seinen zweiten Atomtest. Seit August sind die Nordkoreaner unverhofft wieder versöhnlicher. Jetzt scheint klar, warum: Wenn Yongbyon wieder in Betrieb geht, erhöht sich Nordkoreas Verhandlungsgewicht beim nächsten Atompoker.

Daniel Kestenholz[Bangkok]

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