zum Hauptinhalt

Atomkonflikt: US-Außenministerin Clinton auf Abrüstungs-Mission in Russland

Mit dem Aus für die Raketenabwehr in Osteuropa entspannt sich das Verhältnis von USA und Russland. Beide wollen Abrüstung – und den Atomkonflikt mit Iran gemeinsam lösen.

US-Außenministerin Hillary Clinton ist auf ihrer Europareise in Russland eingetroffen und trifft sich dort zu Gesprächen mit ihrem Amtskollegen Sergej Lawrow sowie Präsident Dimitrij Medwedjew. Bei den Verhandlungen wollen sie auch alle strittigen Themen der amerikanisch-russischen Beziehungen ansprechen, dazu gehört der Atomkonflikt mit Iran, die Zukunft des Raketenschilds und der Einsatz in Afghanistan.

Clinton erhofft sich von ihrem Besuch zudem Fortschritte in den Gesprächen um eine Erneuerung des am 5. Dezember auslaufenden Vertrages zur Verringerung der Atomwaffen in Russland und den Vereinigten Staaten. Laut diesem, 1991 unterzeichneten Vertrag waren die Seiten verpflichtet, die Anzahl der nuklearen Gefechtsköpfe auf jeweils 6000 und die der Träger auf jeweils 1600 zu reduzieren.

Unmittelbar nach ihrem Treffen im April in London hatten Medwedjew und US-Präsident Barack Obama vereinbart, Expertenkonsultationen zur Ausarbeitung eines neuen Abkommens aufzunehmen. Bei ihren jüngsten Konsultationen Anfang Oktober in Genf gingen die Seiten zur Arbeit an konkreten Formulierungen über. Bei dem Treffen mit Lawrow will Clinton auch über diesen ersten konkreten Textentwurf für das Nachfolgeabkommen diskutieren.

Neben diesen bilateralen Fragen stehen auch einige große internationale Probleme auf der Agenda der Gespräche: die Situation in Afghanistan, Iran, Nordkorea und im Nahen Osten. Besonderes Augenmerk gilt dem Atomkonflikt mit Iran. Anfang Oktober waren Vertreter der fünf UN-Vetomächte USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China sowie Deutschlands mit iranischen Unterhändlern in Genf zusammengekommen. Beide Seiten bezeichneten die Gespräche im Anschluss als konstruktiv und einen ersten Schritt nach vorn. Überschattet hatte das Verhältnis der Weltgemeinschaft zu Iran allerdings, dass Präsident Mahmud Ahmadineschad die Existenz einer weiteren, bislang offiziell unbekannten Atomanlage einräumte. 

Sollten diese Gespräche scheitern, erwägen die USA, Frankreich und Großbritannien schärfere Sanktionen gegen Teheran. Dazu benötigten sie aber die Zustimmung der beiden anderen Vetomächte China und Russland. Vor ihrer Abreise hatte Clinton betont, die Rolle Moskaus in den jüngsten Atomgesprächen mit Iran habe sie ermutigt, die nuklearen Absichten der Islamischen Republik zügeln zu können.

Hilfreich für die Annäherung der amerikanischen und russischen Position war der Verzicht der USA auf den Aufbau eines Raketenschilds in Polen und Tschechien, den Obama Mitte September überraschend verkündet hatte. Kurz darauf deutete Medwedjew an, dass der Kreml Sanktionen gegen Iran unterstützen könne. Zuletzt nannte er eine "Ausweitung des Klubs der Atommächte höchst unerwünscht".

Auch der Raketenschild selbst ist Gesprächsthema zwischen Clinton und ihren russischen Verhandlungspartnern. So wurde zwar die Stationierung des Schirms in Polen und Tschechien ad acta gelegt. Inzwischen sind aber Gerüchte aufgetaucht, Teile des Raketenschirms könnten in der Ukraine oder im Kaukasus montiert werden, also noch dichter an den Grenzen Russlands als bisher angenommen. Außenminister Lawrow erwartet daher "Erläuterungen" zu den Plänen der USA.

Darüber hinaus wird die US-Außenministerin versuchen, Russland zu mehr Kooperation beim Einsatz in Afghanistan zu drängen. "Die Russen könnten Unterstützung in Afghanistan anbieten, etwa in Form von Waffen, Training und Anti-Drogenhandel-Kampagnen", verlautete aus dem Außenministerium in Washington.

Noch vor ihrer Reise nach Russland war Clinton nach Belfast und Dublin gereist. Der erste Besuch Clintons in Nordirland als Außenministerin diente dem Friedensprozess und galt als Fortsetzung der Außenpolitik der Clinton-Familie. Außerdem stand ein kurzer Besuch in der Schweiz auf dem Programm, bei dem die US-Außenministerin einer Vertragsunterzeichnung zwischen den Erzfeinden Türkei und Armenien beigewohnt hatte. In London schließlich beriet Clinton mit Premierminister Gordon Brown ebenfalls über den Afghanistan-Einsatz und das weitere Vorgehen im iranischen Atomstreit.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false