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Politik: Atommacht ohne Präsident

Pakistans Staatschef Zardari hat überstürzt sein Land verlassen – jetzt wird über seine Entmachtung durch das Militär spekuliert.

Kommt er zurück? Und wenn ja, wann? Seit Pakistans Präsident Asif Ali Zardari vor zehn Tagen fast fluchtartig das Land verließ, überschlagen sich die Gerüchte. Zuerst hieß es, der 56-Jährige habe einen „leichten Herzinfarkt“ erlitten und lasse sich in Dubai behandeln. Nun ist von einem „Mini-Schlaganfall“ die Rede. Manche glauben, dass der Staatschef in Wahrheit vor dem Militär floh, das der wahre Machthaber in Pakistan ist und ihn absägen möchte. Zwar wurde Zardari nun aus dem Hospital entlassen. Doch einen festen Rückkehrtermin gibt es noch nicht.

Sicher scheint: Die Atommacht wird bis auf Weiteres ohne Präsidenten sein. Er werde noch in Dubai bleiben, um sich in seiner dortigen Residenz zu erholen, hieß es. Seine seltsame Abreise mehrt die politische Unruhe. Pakistan steckt in einer tiefen Krise, und das Verhältnis zu den USA ist frostig wie nie, seit US-Hubschrauber am 26. November in der Provinz Mohmand 24 pakistanische Grenzsoldaten töteten. Aus Versehen, sagen die Amerikaner. Mit Absicht, sagen die Pakistaner.

Ausgerechnet ein US-Magazin heizte die Gerüchte um Zardari erst richtig an. Dieser habe in einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama am 4. Dezember „inkohärent“ gewirkt, zitierte die Zeitschrift „Foreign Policy“ einen US-Regierungsmitarbeiter. Sprich: Pakistans Präsident habe wirres Zeug gefaselt. Kaum hatte sich die Aufregung ein wenig gelegt, da goss die britische Zeitung „Independent“ wieder Öl ins Feuer: Obama habe über den Nato-Angriff in Mohmand gesprochen, aber Zardari nur über die Affäre „Memogate“ geredet. Man fragt sich, wer diese Insider-Informationen durchsickern lässt – und mit welchem Ziel?

Denn „Memogate“ ist für Zardari politisch brandgefährlich. Im Zentrum steht der windige Geschäftsmann Mansoor Ijaz, ein US-Bürger mit pakistanischen Wurzeln. Ijaz behauptet, Pakistans Botschafter in den USA habe ihn im Auftrag Zardaris im Mai nach der Tötung Osama bin Ladens gebeten, dem damaligen US-Generalstabschef Mike Mullen ein Schreiben zu übergeben. Darin bittet der anonyme Schreiber um Hilfe, einen Coup zu verhindern und die Macht der Generäle zu kappen. Zwar legte Mullen die Notiz als unglaubwürdig beiseite. Doch die Affäre schlug in Pakistan hohe Wogen. Die Opposition zeterte „Landesverrat“, und die Armee traut Zardari nun noch weniger über den Weg. Es ist kein Geheimnis, dass die Militärs Zardari noch nie ausstehen konnten. Seinen Feinden könnte „Memogate“ daher als willkommener Anlass dienen, um ihn zu stürzen. So untersucht derzeit das Oberste Gericht, ob es in der Affäre tätig wird. Nur wenige würden Zardari allerdings eine Träne nachweinen: Mithilfe der USA war er 2008 auf den Präsidentenposten gehievt worden, nachdem seine Frau Benazir Bhutto ermordet wurde, obgleich der Witwer äußerst unbeliebt ist.

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