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Atommülllager: Kanzleramt hält Akten zu Asse zurück

Im Sommer 2009 konstituierte sich im niedersächsischen Landtag ein Asse-Untersuchungsausschuss. Neben der Befragung von Zeugen wollen sich die Abgeordneten durch Aktenstudium einen Überblick über die Geschehnisse verschaffen. Doch das Kanzleramt hält offenbar einen Teil der angeforderten Dokumente zurück.

Hannover - Als sich im Spätsommer 2008 die Schreckensmeldungen aus dem Atommülllager Asse häuften, zogen die zuständigen Bundes- und Landesminister die Reißleine: Sie stellten die Asse unter Atomrecht, verfügten einen Betreiberwechsel und versprachen für die Zukunft Transparenz und Öffentlichkeit. Diese sollte sowohl bei der Aufarbeitung der Pannen und Schlampereien gelten als auch im Verfahren zur Schließung der Atommüllkippe. Im Sommer 2009 konstituierte sich im niedersächsischen Landtag ein Asse-Untersuchungsausschuss. Neben der Befragung von Zeugen wollen sich die Abgeordneten durch Aktenstudium einen Überblick über die Geschehnisse verschaffen. Der Ausschuss forderte Dokumente bei allen Ministerien und Behörden an, die mit der Asse zu tun hatten, darunter auch beim Bundeskanzleramt.

Ein nun bekannt gewordener Schriftwechsel belegt, dass das Kanzleramt einen Teil seiner Papiere zurückhält. Im Januar dieses Jahres bat die Landtagsverwaltung in Hannover im Auftrag des Untersuchungsausschusses um Übersendung weiterer Asse-Akten. Die bislang vorgelegten Unterlagen deckten „lediglich einen sehr begrenzten Zeitraum“ ab, heißt es in dem Brief. Nach Angaben des niedersächsischen Grünen-Fraktionschefs Stefan Wenzel hat das Bundeskanzleramt dem Ausschuss sogar nur „einige wenige Seiten“ aus dem Zeitraum von 1976 bis 1981 geliefert. Atommüll wurde von 1967 bis 1978 eingelagert. Das Kanzleramt schrieb am 23. März zurück, dem Ausschuss sei „nach eingehender Auswertung der vorliegenden Aktenbestände und nach rechtlicher Prüfung das den Untersuchungsgegenstand betreffende übersendungsfähige Schriftgut in Kopie zur Verfügung gestellt“ worden. In „wenigen Fällen“ sei von einer Übermittlung der Dokumente abgesehen worden, da diese sich auf den „geschützten Kernbereich des Regierungshandelns“ erstreckten.

Nur in „wenigen Fällen“ sei von einer Übermittlung der Dokumente abgesehen worden

Der Auftrag von Untersuchungsausschüssen der Landesparlamente, so das Kanzleramt, dürfe sich nicht auf bundesrechtliche oder bundespolitische Beweisthemen erstrecken. Das Amt beruft sich auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern. Tatsächlich ist es diesem Urteil zufolge in Ausnahmefällen möglich, zur Aufklärung von Missständen bei Landesbehörden auf schriftliche Unterlagen des Bundes als Beweismittel zurückzugreifen.

Wenzel sagt: „In der Schachtanlage Asse hat eine Gesellschaft, die im Eigentum des Bundes und des Landes Bayern stand, Rechtsbrüche begangen und einen gewaltigen Umweltschaden hinterlassen.“ Bevor das Bundesamt für Strahlenschutz Anfang 2009 die Regie übernahm, betrieb das von Bund und Freistaat Bayern finanzierte Forschungszentrum GSF (später umbenannt in Helmholtz-Zentrum München) das Bergwerk. Zudem seien auch Behörden des Bundes an der Vertuschung der Vorgänge beteiligt gewesen, sagte Wenzel. Insofern sei es lächerlich, wenn das Kanzleramt nun mitteile, dass sich die Untersuchung nicht auf bundesrechtliche und bundespolitische Beweisthemen erstrecken dürfe. „Der gesamte Umfang der skandalösen Vorgänge lässt sich nur klären, wenn neben den Landesakten auch möglichst vollständige Bundesakten vorliegen.“Reimar Paul

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