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Castor

© dpa

Atomtransport: Scharmützel an der Castor-Strecke

Atomgegner und Polizisten haben sich am Rand der Castor-Strecke teilweise gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert. Die Proteste verzögerten die Fahrt des Atommüll-Transporters von Frankreich ins Endlager Gorleben erheblich.

Mit erheblicher Verspätung hat der Atommüllzug aus Frankreich am Sonntagnachmittag den Lüneburger Bahnhof erreicht. Hunderte Menschen protestierten den ganzen Tag über gegen die Castoren. Es gab mehr als ein Dutzend Demonstrationen, Mahnwachen und Blockadeaktionen, bilanzierte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.

Im Waldgebiet Göhrde, zwischen Lüneburg und Dannenberg gelegen, kam es seit dem Morgen mehrfach zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Atomkraftgegnern und Polizisten. Dabei steckten Demonstranten Barrikaden aus Holz und Stroh in Brand, Beamte setzten bei der Räumung der Castor-Strecke mehrfach Schlagstöcke, Pfefferspray und Pferde ein. „Ein Pferd ging hoch und hat einen von uns schwer am Kopf verletzt“ , berichtete ein Augenzeuge. Die Polizei sprach von einem teilweise hohen Aggressionspotenzial bei den Castor-Gegnern.

Friedlicher ging es vor dem Zwischenlager Gorleben zu, wo sich hunderte Demonstranten bereits am Vorabend zu einer Sitzblockade niedergelassen hatten. Anwohner versorgten die Blockierer mit Stroh, Suppe und Kaffee. Zwischen Langendorf und Quickborn demonstrierten Reiter und Radfahrer mit einer Prozession zu Ehren des Heiligen Leonhard. Am Sonntagabend sperrten 40 Landwirte mit ihren Traktoren eine der beiden möglichen Castor-Routen zwischen Dannenberg und Gorleben.

Die Atomkraftgegner verbuchen die bisherigen Proteste als großen Erfolg. „Wir erleben statt eines Comeback der Kernenergie die Renaissance der Anti-Atomkraftbewegung“, erklärte Jochen Stay von der wendländischen Initiative „X-tausendmal quer“.

Prominente Grünen-Politiker sehen mehrere Gründe für den in diesem Ausmaß nicht erwarteten Zulauf zu den Protestaktionen. „CDU und FDP wollen längere Laufzeiten für die Atomkraftwerke und die Atomenergie sogar ausbauen“, sagte die Europa-Abgeordnete Rebecca Harms dem Tagesspiegel. Zudem hätten auch die skandalösen Vorkommnisse im Atommülllager Asse zur Mobilisierung beigetragen. Das Bergwerk Asse habe gezeigt, dass man selbst mit mittel- und schwach radioaktivem Müll schon innerhalb einer Generation gescheitert sei, ergänzte der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel.

Die Grünen begreifen die Demonstrationen vom Wochenende auch als Aufforderung, breite politische Bündnisse für den Atomausstieg neu zu schmieden und sehen dabei die Gewerkschaften als Bündnispartner.

Die Grünen selbst sind bei den Protesten rund um Gorleben viel zahlreicher vertreten als in vergangenen Jahren. Prominente Parteimitglieder haben zu Blockaden gegen den Atommülltransport aufgerufen, die niedersächsische Landtagsfraktion kündigte eine Sitzung in unmittelbarer Nähe der Castor-Strecke an. Wenzel bestätigte, dass es in den vergangenen Jahren häufig Spannungen zwischen Grünen und Anti-Atom-Aktivisten gab, denen der von der rot-grünen Bundesregierung ausgehandelte Atom-Kompromiss nicht weit genug ging. Inzwischen gebe es auch in der Bundespartei eine kritische Auseinandersetzung über den Atomkonsens.

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